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Arbeitnehmervertreter kapern Stadtwerke Köln

Das hat es in Köln noch nie gegeben und vielleicht bundesweit auch nicht: Arbeitnehmervertreter drücken ihren Kandidaten für den Aufsichtsratsvorsitz durch – gegen einen Beschluss der Eigentümerseite.
09.07.2018

Harald Kraus ist seit 1. Oktober 2019 Vorstandsmitglied der Dortmunder Stadtwerke (DSW21) und seit 1. Januar 2020 auch deren Arbeitsdirektor. Zuvor war er Betriebsratschef und Aufsichtsratsvize der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) und zwischenzeitlich auch der Stadtwerke Köln.

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Köln (SWK) hat am Montag seinen kommissarischen Vorsitzenden Harald Kraus mehrheitlich zum endgültigen Vorsitzenden gewählt. Damit ist erstmals in der Metropole und womöglich in der Bundesrepublik ein Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter gegen den Willen des Eigentümers Chef des Kontrollgremiums geworden. Die Kandidatin der Stadtratsmehrheit, die parteilose OB Henriette Reker, fiel demnach durch. Sie kündigte eine "noch engere Kontrolle mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen" an.

Damit ist ein neues Kapitel im Streit um die Stadtwerke Köln und den vielzitierten Kölner Klüngel aufgeschlagen, der mittlerweile Züge einer Schlammschlacht aufweist: Im April hatte die Oberbürgermeisterin die Berufung des damaligen Aufsichtsratschefs und SPD-Landtagsabgeordneten Martin Börschel zum erstmaligen hauptamtlichen Geschäftsführer der SWK – ohne Ausschreibung und angeblich an ihr vorbei – gestoppt. Mit der Frage, ob der Übergang zum Hauptamt nötig ist, wurde eine Unternehmensberatung betraut.

Reker rückt Aufsichtsräte in die Nähe der Kriminalität

OB Reker, die sich stets als Kämpferin gegen den "Kölner Klüngel" darstellt, holte sich dann eine Ratsmehrheit aus CDU, FDP und Grünen, die dem Aufsichtsrat ihre Wahl in den Vorsitz vorschlug, gegen Stimmen aus SPD und Linkspartei. Doch gleichzeitig schoss sie scharf gegen die Arbeitnehmervertreter: Sie warf ihnen öffentlich Beihilfe zu Straftaten vor, weil sie die Nacht-und-Nebel-Wahl Börschels zunächst mitgetragen hätten. Rekers Wahl scheiterte dann vergangenen Freitag. Dann wurde der Name der Grünen-Politikerin Anne Lütkes als Gegenkandidatin gestreut – dies war aber wohl eine Nebelkerze.

Übers Wochenende wurden sich die zehn Arbeitnehmervertreter offenbar einig, ihrer Empörung über die Vorwürfe Rekers Taten folgen zu lassen: Sie hoben den kommissarischen Aufsichtsratschef Kraus auf den Schild. Sie zogen laut "Kölner Stadtanzeiger" "dem Vernehmen nach" vier der zehn Aufsichtsräte von der Eigentümerbank auf ihre Seite, vielleicht von der SPD-Ratsfraktion – sofern sie selbst geschlossen abstimmten. Es dürfte dabei Kraus nicht geschadet haben, dass er selbst ein rotes Parteibuch besitzt. Das Abstimmungsergebnis wurde offiziell nicht bekanntgegeben.

Neue Machtposition für Kraus

Harald Kraus (52) gewinnt mit seiner Wahl zusätzliche Macht. Schließlich ist er bereits stellvertretender Aufsichtsratschef und Betriebsratschef der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), einer der Stadtwerketöchter. Der Vizevorsitz für den höchsten Arbeitnehmervertreter ist in Kontrollgremien von Kommunalbetrieben üblich, nicht aber der Vorsitz.

Kraus versprach, nun mit allen Aufsichtsratskollegen, also unausgesprochen auch OB Reker, "vertrauensvoll und gemeinschaftlich" zusammenzuarbeiten. Das Gremium werde jetzt wieder 100 Prozent Sacharbeit leisten. Zuvor hatte er gesagt, mit einer OB, die Aufsichtsräte "verleumderisch" in die Nähe der Kriminalität rücke, könne er sich eine Kooperation nicht vorstellen; es fehle das Vertrauen; Reker habe sich im Gremium disqualifiziert.

Reker: Bleibe im Aufsichtsrat

Bei Reker stehen die Zeichen immer noch auf Sturm: Die OB äußerte sich in einem kurzen Presseauftritt "auch als Vorsitzende des Rates irritiert", dass das Kontrollgremium den demokratischen Willen der Anteilseignerin außer Acht gelassen habe. Mit "Rückschlägen" sei zu rechnen gewesen, wenn "man alte Strukturen aufbricht". Die Rathauschefin kündigte eine "noch engere Kontrolle mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen" an. Sie werde "selbstverständlich" im Aufsichtsrat bleiben.

Das sind die Stadtwerke Köln

Die Stadtwerke Köln GmbH sind die Beteiligungsgesellschaft der Millionenstadt. In ihr sind dutzende Unternehmen konsolidiert. Dies geht aus dem jüngsten Beteiligungsbericht 2015 der Stadt hervor.

  • Demnach ist die Versorgungstochter die GEW Köln AG, der wiederum zu 80 Prozent die Rheinenergie sowie zu 100 Prozent Netcologne und die regionalen Submetering-Unternehmen Brunata Schultheiß und Metrona Schultheiß gehören.
  • Die KVB sind die größte Verkehrstochter der SWK.
  • Ihnen gehören aber auch die Häfen, eine Rheinfähre und verschiedene Logistik-, Terminal- und Bunkeringunternehmen.
  • Töchter sind auch die Wohnungsgesellschaft, die Kölnbäder, die AWB Abfallwirtschaftsbetriebe und die AVG Abfallentsorgungs- und verwertungsgesellschaft Köln.

Die ehrenamtliche Geschäftsführung der SWK bilden Rheinenergie-Chef Dieter Steinkamp als Sprecher und KVB-Chef Jürgen Fenske. (geo)