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Creditreform: "Risiko für Zahlungsausfälle so hoch wie seit Jahren nicht mehr"

Die Energiekrise hat die Ausfallrisiken erhöht. Die verschlechterte Zahlungsmoral geht einher mit einem konjunkturellen Abschwung. Bei Gläubigern lässt das die Alarmglocken schrillen.
14.02.2023

Die Energiekrise dürfte kleine und mittlere

Unternehmen eher stärker belasten.

Das Zahlungsverhalten in Deutschland hat sich im zweiten Halbjahr vergangenen Jahres spürbar verschlechtert. Der Zahlungsverzug im B2B-Geschäft hat auf durchschnittlich 10,95 Tage (2. Halbjahr 2021: 9,97 Tage) zugenommen. Das ist der höchste Wert seit sieben Jahren. Das zeigt eine Erhebung des Zahlungsdienstleisters Verband der Vereine Creditreform e.V.

„Das Risiko für Forderungsausfälle ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr“, warnt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Die Zunahme der Zahlungsverzögerungen treffe aktuell auf eine Phase des Konjunkturabschwungs und führe teils zu existenziellen Liquiditätsnöten.. „Das lässt bei Kreditgebern und Gläubigern die Alarmglocken schrillen.“ Für die Studie „Zahlungsindikator Deutschland“ hat Creditreform rund vier Millionen Rechnungsbelege aus dem unternehmenseigenen Debitorenregister Deutschland (DRD) ausgewertet.

Erhöht hat sich im zweiten Halbjahr 2022 auch die mittlere Forderungslaufzeit bzw. Außenstandsdauer. Diese lag branchenübergreifend bei durchschnittlich 40,92 Tagen und damit 0,61 Tage höher als in der Vorperiode (Januar bis Juni 2022). Diese Kennzahl bildet die Dauer zwischen dem Zeitpunkt der Leistungserbringung und dem Zahlungseingang ab. Dennoch sei die Forderungslaufzeit, die sich aus dem vereinbarten Zahlungsziel zuzüglich des Zahlungsverzugs zusammensetzt, weiterhin niedriger als vor der Corona-Krise.

Zahlungsziele schon während der Coronazeit gekürzt

Viele Kreditgeber hatten ihre Zahlungsziele im Zuge der Krise gekürzt, um Ausfallrisiken zu minimieren. Im Durchschnitt wurde den Kunden im 2. Halbjahr 2022 ein Zahlungsziel von 29,97 Tagen gewährt. Zum Vergleich: Zu Beginn der Corona-Pandemie waren deutlich längere Zahlungsziele von rund 32 Tagen üblich.

„Lieferanten und Kreditgeber profitieren derzeit von ihrem risikominimierten Forderungsmanagement aus der Corona-Zeit“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch. Allerdings belasteten nun massive Preissteigerungen bei Energie und weiteren Vorprodukten Kreditgeber wie Kreditnehmer. Durch die Verschlechterung der Rahmenbedingungen seien die Kreditgeber gezwungen, die Kreditkonditionen erneut anzupassen. Dennoch dürften die Zahlungsausfälle steigen, prognostiziert Hantzsch.

"Unternehmen sterben, wenn die Geschäfte wieder anlaufen und das Geld fehlt"

Der durchschnittliche Wert einer verspätet bezahlten Rechnung erhöhte sich im 2. Halbjahr 2022 auf 2.158 Euro (1. Halbjahr 2022: 2.107 Euro). „Unternehmen sterben meist nicht in der akuten Krisenphase, sondern wenn die Geschäfte wieder anlaufen und dann das Geld fehlt“, so Hantzsch weiter.

Kleine Unternehmen mit höchstens 50 Mitarbeitern verursachten im 2. Halbjahr 2022 mehr als ein Viertel aller überfälligen Forderungen (27,8 Prozent). Gegenüber der Vorperiode (1. Halbjahr 2022) ist dieser Anteil um 1,7 Prozentpunkte gestiegen. Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten waren aber weiterhin für das Gros der Außerstände bei Lieferanten und Kreditgebern verantwortlich.

"Fokussierung auf Großkunden allein ist trügerisch"

„Kleine Unternehmen zahlen ihre Rechnungen oft verspätet, zudem nimmt die Rechnungshöhe zu. Daher ist die Fokussierung allein auf Großkunden trügerisch“, betont DRD-Leiterin Janine Stappen. Dabei dürfte die Energiekrise kleine und mittlere Unternehmen eher stärker belasten und deren Ausfallrisiko erhöhen. Der Zahlungsverzug von kleinen Firmen stieg im 2. Halbjahr 2022 auf 12,53 Tage. Große Unternehmen zahlten ihre Rechnungen im Durchschnitt mit einer Verspätung von 9,91 Tagen. (hoe)