Darum hat ein Start-up für Kondome eine Energiemarke gegründet
Einhorn ist eine der Start-up-Erfolgsgeschichten aus Berlin. Das Unternehmen ist vor allem für seine Kondome im frechen Design und gutes Marketing bekannt. Jetzt haben Teile der Firma ein neues Unternehmen ausgegründet und steigen in die Energiebranche ein. Im Crowdfunding wollen sie 2,5 Mio. Euro einsammeln.
Elisa Naranjo war lange für Nachhaltigkeit bei Einhorn zuständig, jetzt ist sie Mitgründerin von "Zweihorn Energy"*. Im Interview erzählt sie, welche Potenziale sie auf dem Balkonkraftwerksmarkt sieht und wie erfolgreiches Marketing in der Einhorn-Familie aussieht.
Die Marke "Einhorn" kennt man vor allem für ihre nachhaltigen Kondome. Wie kommt es, dass Sie sich jetzt mit Energie beschäftigen?
Nach dem ersten Erfolg mit Einhorn-Kondomen sind wir im Bereich der Drogerieprodukte geblieben und haben Periodenprodukte rausgebracht. Zu unseren Überlegungen gehört dabei immer: Wo können wir die Welt ein Stück verbessern? Welche Produkte können wir fair herstellen?
Angesichts der großen Krisen haben wir nun hinterfragen müssen, ob unser bisheriges Engagement ausreicht. Die Energiewende ist eins der Themen, die uns unter den Nägeln brennen … Dann sind einige von uns über die Balkonkraftwerke gestolpert und haben gemerkt: Was wir gut machen, könnte man auch dort umsetzten.
Was sind denn die Stärken von Einhorn?
Wir bauen faire Lieferketten auf und vermarkten die Produkte innovativ. Wir haben nicht das Kondom oder den Tampon erfunden, sondern eine Marke darum aufgebaut, die Leichtigkeit und Spaß zusammen mit Nachhaltigkeit vermittelt. Und das wollen wir nun auch mit den Balkonkraftwerken machen.
Was genau planen Sie im Vertrieb von Balkonkraftwerken?
Die Technologie ist schon da und das Potenzial ist riesig, 60 Mio. Menschen in Deutschland haben Zugang zu Balkon oder Terrasse. Trotzdem fristen Balkonkraftwerke – noch – ein Nischendasein. Wenn aber von den 60 Mio. "nur" 3 Mio. Menschen ihren Balkon nutzen würden, um dort ihren eigenen Strom zu produzieren, könnte man ein mittelgroßes Kohlekraftwerk ersetzen. Das ist das mittelfristige Ziel. Gemeinsam in der Energiewende wirksam sein. Und es lohnt sich natürlich auch finanziell für die Menschen.
Viele sehen bisher nur den grünen Strom, den die Solarpaneele liefern. Dabei ist die Herstellung alles andere als nachhaltig. Wir wollen deshalb eng mit einem Hersteller zusammenarbeiten und die Lieferkette optimieren. Es soll keine Whitelabellösung sein, sondern den "Einhorn-Spirit" transportieren.
Wir planen außerdem ein Modell mit dem Menschen mit geringeren finanziellen Mitteln beim Erwerb eines Balkonkraftwerks unterstützt werden.
Welches Potenzial sehen Sie gerade auf dem Balkonkraftwerksmarkt?
Mir fällt bisher keine Marke ein, die einen Wiedererkennungswert hat. Auch die Customer Experience ist ausbaufähig. Gerade in den Baummärkten sind viele Modelle nicht konkret auf den Balkon ausgelegt und die Kund:innen müssen noch tüfteln. Das ist ein Angebot für technikaffine Menschen aber nicht für Menschen wie dich und mich.
Wer ist denn Ihre Zielgruppe?
Wir wollen die ansprechen, die keine zehn Tutorials anschauen wollen, aber durchaus etwas für die Energiewende machen wollen.
Das größte Hindernis bei der Energiewende ist oft die öffentliche Meinung. Mit einer eigenen Anlage wie einem Balkonkraftwerk werden die Menschen zum Teil der Energiewende und können auch ein größeres Bewusstsein dafür entwickeln, was sie mit der Energiewende zu tun haben.
Es geht darum, wirksam zu werden und ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen, gerade jetzt, wo viele von der unzureichenden Klimapolitik frustriert sind.
Was ist das Erfolgsrezept von Einhorn: Wie funktioniert die Einhorn-Marketingformel?
Das Wichtigste, aber da erzähle ich auch nichts neues, ist die Authentizität. Wir nehmen die Leute bei unseren Entscheidungsprozessen mit. Als wir Kautschuk für die Kondomproduktion getestet haben, gab es dazu Videos und Postings.
Wir machen auch oft "Sendung mit der Maus": Wir erklären trockene Themen wie Nachhaltigkeit und Technik mit viel Humor. Es ist so, als ob man mit uns am Küchentisch sitzt und wir erklären dort unsere unternehmerischen Entscheidungen und fragen gleichzeitig nach Feedback vom Gegenüber.
Welchen Umsatz erwarten Sie?
Das ist ehrlicherweise ein Blick in die Glaskugel. Wir planen im Frühling ein Crowdfunding zu machen. Dort sehen wir, ob es überhaupt Menschen gibt, die Lust haben, die Idee zu unterstützen. Wenn wir die Fundingschwelle erreichen, wird überhaupt erst produziert. Und diese Schwelle liegt bei ca. 10.000 verkauften Balkonkraftwerken.
Das Interview führte Pauline Faust.
* In einer früheren Version des Artikels haben wir den ursprünglichen Namen des Unternehmens verwendet ("Einhorn-Energy“). Aus markenrechtlichen Gründen hat sich Einhorn-Energy nach der Veröffentlichung zu "Zweihorn Energy" umbenannt. Wir haben auf Bitte des Unternehmens den Artikel angepasst.