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Deutschland macht das Lesen schwer

Behörden und Kommunen formulieren oft zu kompliziert, meint eine Studie. Aber auch Unternehmen profitierten von einfachen Formulierungen.
02.04.2024

Die Briefe von Primastrom erzeugten bei den Kunden einen falschen Eindruck, kritisiert die Kanzlei für Energierecht Freiherr von Hirschberg. (Symbolbild)

Schlechtes Zeugnis: Eine Studie von Wortliga kritisiert die Kommunikation von deutschen Städten. Das Unternehmen, welches eine Textsofware vertreibt, prüfte die Websites von 19 Mittel- und Großstädten.

194 der untersuchten 475 Online-Texte waren laut Wortliga schwer verständlich. 173 der Texte zu Themen wie Corona, Familie oder Wohnungssuche waren besonders kompliziert: etwa durch Schachtelsätze, komplexe Begriffe und Passiv-Formulierungen.

»Bürger müssen sich mit unnötig komplizierten und schwer verständlichen Texten auseinandersetzen«, kritisiert Studienleiter Gidon Wagner von Wortliga. So verfehlten viele Städte ihr Ziel, Informationen bereitzustellen, mit denen Menschen gute Entscheidungen treffen können.

Die meisten Menschen sind von komplizierter Sprache überfordert. Bereits im Jahr 2009 führte die Gesellschaft für Deutsche Sprache (GfdS) eine Studie durch, deren Ergebnis war, dass 86 Prozent der Deutschen Probleme damit haben, die Texte von Ämtern und Behörden zu verstehen, der Bildungsgrad war dabei wenig ausschlaggebend.

Gutes Formulieren ist goldwert

»Eine klare und einfache Kommunikation ist nicht nur ein Gebot der Inklusion, sondern steigert die Effizienz von Ämtern, Behörden und Unternehmen«, sagt Wagner.

Forschungen belegten etwa, dass Behörden durch verständlichere Informationen Zeit und Geld sparten, weil es weniger Rückfragen gäbe. Auch Unternehmen können profitieren: Laut einer Befragung der Berater Siegel und Gale vertrauen 84 Prozent der Verbraucher Unternehmen eher, wenn diese auf Fachjargon verzichten.

Vorbild aus den USA

Das Konzept der »Einfachen Sprache« oder »Plain Language« kommt aus den USA, dort gilt seit 2010 eine Verordnung, die Bundesbehörden zu einer »klaren und präzisen Sprache« auffordert.

Die Plain Language ist nicht für eine Zielgruppe bestimmt, sondern eine verständliche Textform für alle. In Deutschland ist das Recht auf verständliche Kommunikation derzeit nur für »Menschen mit Demenz, mit psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen« im Gleichstellungsgesetz gegeben. (pfa)