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Diese Firma macht Krisenübungen mit KI

Krisenübungen werden immer realistischer, doch wie simuliert man 15.000 Kundenanfragen?
17.10.2023

Die Geschäftsführer von Conducttr Germany David Peter-Gumbel (l.) und Torsten Rössing auf dem Stadtwerkekongress in Köln.

Gemeinsam im Konferenzraum mit Papierkram: So wurde die typische Krisenübung noch vor wenigen Jahren in Unternehmen gemacht. Der Krisenstab traf sich und schaute gemeinsam auf ein Szenario. Das ist wenig realistisch: Die Krise wartet nicht darauf, dass sich alle an einem passenden Termin treffen, die Kekse auf den Tisch gestellt sind und der Kaffee aufgebrüht ist.

Torsten Rössing, Co-Geschäftsführer der Conducttr Germany will Krisenstäbe realistisch unter Stress setzen. Die Firma aus Aschaffenburg vertreibt dafür Simulations-Software, unterstützt von Künstlicher Intelligenz.

„Neben erwartbaren Krisen, den ‚Known Unkowns‘, gibt es noch Krisen, die keiner erwartet: Die ‚Unkown Unkowns‘“, sagt Rössing. So eine war der Beginn des Ukraine-Kriegs mit seinen Folgen für die Unternehmen. „Besonders an diesen Krisen zerbrechen dann die Krisenstäbe, weil das Handbuch nicht mehr ausreicht.“

Die Schnittstellen im Unternehmen müssten aber damit umgehen können: „Organisationen müssen sehr viel intuitiver auf Situationen reagieren.“ Durch Erfahrungen könne das Team geschult werden: „Handbücher sind gut, aber Übung ist alles.“

Krisen warten nicht

Der CEO plädiert für unangekündigte Krisentrainings: „Krisen beginnen auch am Freitagnachmittag, wenn Mitarbeitende im Urlaub sind oder im Homeoffice“ Es gelte die Menschen realistisch zusammenführen, an den Endgeräten, die sie auch dabeihaben.

Für ein realistisches Szenario bietet Conducttr Germany eine Oberfläche, auf der die Krisenübung stattfindet. Jeder Mitarbeitende hat dort Zugriff auf verschiedene Informationen. Eine Kundenserviceabteilung etwa, bekommt dort realistisch viele mit Hilfe von KI generierte Anfragen: So könnte das Team gefordert sein, in 15.000 Kundenanfragen das Problem zu erkennen. Es wird eine Situation geschaffen, die der Realität ähnelt.

Für die Übungen bietet Conducttr zudem individuelle Videos an; Breaking-News, die zu der Krise berichten. In dem Beitrag könne dann etwa auch der lokale Bürgermeister auftreten, der durch KI realistisch dargestellt wird.

Den Informationsfluss verfolgen

Der Krisenstab sieht sich einem inkonsistenten Lagebild gegenüber. Er muss sich die richtigen Informationen zusammensuchen. Ob das gelingt, zeigt dann eine Auswertung der internen Kommunikation. In der Programm-Suite kann geschaut werden, ab wann bestimmte Stichwörter ausgetauscht wurden, also wie gut sich relevante Informationen unter den Übungsteilnehmern verbreiten.

„Wir können hier nachvollziehen an welcher Stelle ein Problem aufgetreten ist“, sagt Rössing.  Conductrr bietet seinen Kunden zudem an, mit der Software eigene Szenarien zu erstellen.

Keine Überforderung

Im Endeffekt ginge es aber nicht darum, die Übung zu schwierig zu gestalten. „Die Krisenübung soll nicht überfordern und einfach ergeben, dass Sie mehr Beratung brachen. Ein unlösbares Szenario zu bauen, ist einfach“, sagt Rössing.

Der Vorstand ist nicht der beste Krisenmanager

Einen wichtigen Rat hat der Experte noch: Unternehmen sollten auf flexible modulare Krisenstäbe setzen, in denen es auch Redundanzen für Aufgaben gibt. Auch damit der Krisenstab gut abgekoppelt vom Tagesgeschäft arbeitet.

„Häufig sind Krisenstäbe, in denen der Vorstand sitzt weniger effizient“, sagt Rössing. Ein Krisenstab sollte frei von innerpolitischen Bewertungen sein und möglichst viele Entscheidungen den Fachabteilungen überlassen, aber dann natürlich ein Reporting für den Vorstand erstellen. (pfa)