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Enercon-Management gerät unter Druck

Windanlagenbauer Enercon will bundesweit 835 Arbeitsplätze abbauen. Die Geschäftsführung ignoriert Krisentreffen mit Spitzenpolitikern und Gewerkschaftern.
22.08.2018

Vor einer Landtagsdebatte zum

geplanten Stellenabbau beim Windanlagenhersteller Enercon haben sich

Gewerkschafter und Enercon-Betriebsräte vor dem niedersächsischen Landtag versammelt.

Die niedersächsische Landesregierung hat das Agieren der Geschäftsführung des Windenergieanlagenbauers Enercon vor dem geplanten Stellenabbau scharf kritisiert. In Deutschland sei es üblich, dass ein Konzern auch für seine Mitarbeiter einstehe - unabhängig davon, in welchem Unternehmenszweig sie beschäftigt seien, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Mittwoch nach einem Treffen mit Enercon-Betriebsräten am Rande der Landtagssitzung. "Dass bei Enercon jetzt versucht wird, so zu tun, als ob die einen Teile mit den anderen überhaupt nichts zu tun haben, ist nicht akzeptabel. Dass Enercon Minister von der Bundes- und Landesebene brüskiert und nicht bereit ist, mit ihnen zu reden, ist nicht akzeptabel."

Enercon plant bundesweit den Abbau von 835 Stellen. Einem runden Tisch mit Betriebsräten und Gewerkschaftern bei Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) war die Geschäftsführung in der vergangenen Woche ebenso ferngeblieben wie einem Krisentreffen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD).

Erhebliche Fördermittel aus Landesmitteln

Althusmann wies am Mittwoch darauf hin, dass das Unternehmen seit dem Jahr 2000 für verschiedene Projekte insgesamt fünf Millionen Euro Förderung aus Landesmitteln erhalten habe. "Da darf ich schon als Landesminister erwarten, dass sich die Geschäftsleitung zumindest mit uns und allen Betroffenen an einen Tisch setzt und gemeinsam eine Lösung sucht." Er habe sich für die kommende Woche um einen Gesprächstermin mit der Geschäftsführung bemüht, bislang aber nichts gehört. "Die Tür bleibt offen", betonte der Minister.

In der Landtagsdebatte zum Thema bekundeten Vertreter der Fraktionen von SPD, CDU, FDP und Grünen einmütig ihre Solidarität mit den Enercon-Beschäftigten und forderten die Geschäftsführung auf, Verantwortung zu übernehmen. Das Unternehmen hatte seine Nicht-Teilnahme an Gesprächen damit begründet, es sehe sich als Auftraggeber, nicht als Arbeitgeber der betroffenen Zulieferbetriebe.

Verschachtelte Konzernstruktur

Der CDU-Landtagsabgeordnete Ulf Thiele sagte, Enercon sei ein Konzern mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite sei das Unternehmen ein Motor der Windenergie, habe großartige Ingenieurleistungen vorzuweisen und beschäftige weltweit 13 000 Mitarbeiter. "Auf der anderen Seite hat Enercon eine komplexe, verschachtelte, kaum zu verstehende Konzernstruktur, um Steuern zu sparen und die Arbeitnehmerrechte so gering wie möglich zu halten."

Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder ließ das Argument nicht gelten, es gehe um Zulieferer und nicht um Enercon-Tochterunternehmen. "Wenn die ganzen Betriebe nicht mehr Enercon sind, was ist Enercon dann eigentlich noch? Und wie ist es zu erklären, dass Enercon-Chef Hans-Dieter Kettwig bis vor kurzem noch Geschäftsführer in mehreren der betroffenen Firmen war?" Auch Modder forderte die Enercon-Geschäftsleitung auf, den Dialog mit der Politik und den Gewerkschaften aufzunehmen. (dpa/hil)