Nachrichten

Finanzielle Lage in vielen Stadt-Konzernen "besorgniserregend"

In fast einem Viertel der deutschen Großstädte ist nicht sicher, ob die Stadtwerke im Krisenfall von der Kommune gestützt werden können. Das zeigt eine aktuelle KPMG-Studie.
16.05.2018

Deutlich gestiegene Personalkosten, Verluste aus einer Kraftwerksbeteiligung: Die Stadtwerke Dachau schließen das Geschäftsfjahr 2018 mit einem Verlust ab.

Die Wirtschaft in Deutschland boomt seit Jahren, die Steuereinnahmen der Städte deutschlandweit sind im vergangenen Jahr im Schnitt um knapp sieben Prozent gewachsen. Dennoch ist in fast einem Viertel der 91 größten Städte sowohl die Haushaltslage der Kommune als auch die finanzielle Situation des jeweiligen Stadtwerke-Konzerns angespannt. Das belegt eine aktuelle Studie des Instituts für den öffentlichen Sektor e.V.. Die von der Wirtschaftsberatung KPMG geförderte Einrichtung hat dazu die öffentlich verfügbaren Daten von 2013 bis 2017 ausgewertet, berücksichtigt wurden dabei 91 kommunale Konzerne der 100 größten Städte in Deutschland (ohne Stadtstaaten).

"Zwei Problemlagen treffen aufeinander"

"Nicht wenige Kommunen haben immer noch mehr Ausgaben als Einnahmen. Neben den Sozialausgaben belasten unter anderem umfangreiche Sanierungen der Infrastruktur die Haushalte", sagt Ferdinand Schuster, Geschäftsführer des Instituts für den öffentlichen Sektor e.V.  In einigen Städten seien zudem aufgrund der Abhängigkeit von der Gewerbesteuer Einnahmen weggebrochen. "Wenn dann auch noch das Stadtwerk schwach dasteht, treffen zwei Problemlagen aufeinander", verdeutlicht Schuster.

Bewertung über Ampel-System

Die finanzielle Situation der Kommunen und der Stadtwerke-Unternehmen wurde im Rahmen der Studie mit Hilfe eines Ampel-Systems bewertet. Die Kategorie "rot" steht dabei für angespannt, "gelb" für eher unbefriedigend und "grün" für gut. Bewertungskritierien waren unter anderem die Haushaltslage für die Kommunen und der Verschuldungsrad für die Unternehmen. Rund die Hälfte der

Kommunen (45 von 91) wurden mit rot bewertet, bei den Stadtwerke-Konzernen waren es 44 Prozent (40 von 91).Betrachtet man Kommune und den jeweiligen Stadtwerke-Konzern zusammen dann ist in rund einem Drittel der Fälle eine der beiden beteiligten Parteien mit gelb und die andere mit rot bewertet. Das heißt, dass sich entweder die Kommune oder das zugehörige Stadtwerk in einer "eher unbefriedigenden" und sein Pendant gleichzeitig in einer angespannten wirtschaftlichen Lage befinden.

Haushaltssicherungskonzepte laufen vielerorts weiter

Das Institut hatte bereits 2016 die finanzielle Lage der 100 größten Stadtkonzerne in Deutschland untersucht, die Lage hat sich seitdem kaum verbessert. "Die Ursache liegt in der Verschuldung", bekräftigt Mathias Oberndörfer, für den öffentlichen Sektor zuständiger Bereichsvorstand der KPMG. In vielen Kommunen liefen Haushaltssicherungskonzepte weiter, um einen weiteren Schuldenabbau zu ermöglichen.

Auch bei der Vorgängerstudie wurde in einem Viertel der Städte die finanzielle Lage des Kernhaushalts als auch des Stadtwerks als besorgniserregend eingestuft. In diesen können sich die Stadtwerke nicht uneingeschränkt darauf verlassen, im Falle einer Krise von ihrer Kommune gestützt zu werden. Nur zwei kommunale Konzerne wurden in der aktuellen Studie in die komfortable Kategorie "Grün-Grün" eingeordnet – das sind vier weniger als in der Vorgängerstudie.

Gesamtsituation etwas positiver bei Stadtwerken als bei Städten

Auch bei den untersuchten Stadtwerke-Konzernen gab es keine deutlichen Verbesserungen, die Gesamtsituation stellt sich aber weiterhin etwas positiver dar als bei den kommunalen Eignern. 22 von 91 Stadtwerken konnten der Kategorie "Grün" zugeordnet werden, bei den Kommunen trifft das nur auf zwölf zu. Insgesamt zehn der untersuchten Stadtwerke verbesserten sich im Vergleich zur Vorgängerstudie (vier von "Rot" nach "Gelb" und sechs von "Gelb" nach "Grün".

Rentabilität der Stadtwerke sinkt weiter

Im Gegenzug verschlechterten sich aber auch 14 Unternehmen aufgrund einer erhöhten Nettoverschuldung (davon acht von "Gelb" nach "Rot"). Ingesamt hat sich die Nettoverschuldungsquote a ller untersuchten Stadtwerke gegenüber der Untersuchung von 2016 von vier auf fünf erhöht. Die Rentabilität sinkt weiter,die Ebitda-Marge ging von 15,6 auf 13,2 Prozent zurück. Die durchschnittliche Zinsdeckung ist von 3,8 auf 3,4 gesunken, die Eigenkapitalquote verharrte bei durchschnittlich 40 Prozent.

"Druck auf Stadtwerke nimmt tendenziell zu"

"Anpassungen der Organisationsstruktur, der Aufbau neuer Geschäftsfelder oder Investitionen in erneuerbare Energien können enorme Kosten verursachen", so Oberndörfer. Zusammen mit den insgesamt weiterhin hohen Ausschüttungsquoten steigert dies den Kreditbedarf. "Der Druck auf die Stadtwerke nimmt tendenziell zu, denn die Digitalisierung oder autarke Stromversorgung könnten traditionelle Geschäftsfelder zunehmend gefährden", erklärte der Bereichsvorstand.

Drei Viertel sehen Energiewende als Risikofaktor

Drei Viertel der in der Kategorie "gefährdet" eingestuften Kommunalversorger führen die Energiewende in ihren Geschäfts- und Lageberichten als Grund für ihre unbefriedigende wirtschaftliche Lage an oder sehen darin ein wesentliches Risiko. Mit 71 Prozent wird der gestiegene Preis- und Wettbewerbsdruck ebenfalls häufig angeführt. Die große Mehrheit der Stadtwerke benennt in ihren Lageberichten einzelne Konzernsparten, die ein finanzielles Risiko oder eine wirtschaftliche Belastung darstellen. Mit 76 Prozent wurde dabei der ÖPNV am häufigsten genannt. 95 Prozent der rot klassifizierten Stadtwerke-Konzerne verfügen über eine Verkehrssparte, bei den grün eingestuften Unternehmen sind es knapp 64 Prozent.

Risikoanalyse für den gesamten "Konzern Kommune"

Die Studienautoren appellieren an Städte und Länder, künftig den gesamten "Konzern Kommune" stärker in den Blick zu nehmen. Wichtig seien ein aktives Beteiligungsmanagement der Kommunen, das die eigenen Unternehmen voausschauend steuere und eine Risikoanalyse für den gesamten Stadtkonzern durchführe. Gerade die aktuelle Phase niedriger Zinsen und steigender Steuereinnahmen biete allgemein gute Chancen zum Schuldenabbau und zu Neustrukturierungen. (hoe)