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Fraunhofer-Forscher entwickeln leistungsstarke Wasserstoff-Paste

Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, das Gas in einer Paste zu binden. Die Substanz auf der Basis von Magnesiumhydrid soll Kleinfahrzeuge antreiben.
05.02.2021

Diese Paste bindet Wasserstoff und könnte die Mobilität revolutionieren.

Forscher am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Dresden haben eine Wasserstoff-Lösung entwickelt, die nach eigenen Angaben insbesondere für Kleinfahrzeuge geeignet ist: die Powerpaste, die auf dem Feststoff Magnesiumhydrid basiert. „Mit Powerpaste lässt sich Wasserstoff bei Raumtemperatur und Umgebungsdruck chemisch speichern und bedarfsgerecht wieder freisetzen“, erläutert Marcus Vogt, Wissenschaftler am Fraunhofer IFAM, in einer Mitteilung. Das sei auch dann unkritisch, wenn der Roller bei sommerlicher Hitze stundenlang in der Sonne steht, denn die Powerpaste zersetzt sich erst oberhalb von etwa 250 Grad Celsius. Der Tankvorgang gestalte sich denkbar einfach: Statt eine Tankstelle anzusteuern, wechselt der Roller-Fahrer einfach eine Kartusche und füllt zusätzlich Leitungswasser in einen Wassertank – fertig. Das könne er auch bequem zuhause erledigen oder unterwegs, so die Forscher.

Ausgangsmaterial der Powerpaste ist nach Fraunhofer-Angaben pulverförmiges Magnesium – eines der häufigsten Elemente und somit ein leicht verfügbarer Rohstoff. Bei 350 Grad Celsius und fünf- bis sechsfachem Atmosphärendruck wird dieses mit Wasserstoff zu Magnesiumhydrid umgesetzt. Nun kommen noch Ester und Metallsalz hinzu – und fertig ist die Powerpaste. Um das Fahrzeug anzutreiben, befördert ein Stempel die Powerpaste aus der Kartusche heraus. Aus dem Wassertank wird Wasser zugegeben, es entsteht gasförmiger Wasserstoff. Die Menge wird dabei hochdynamisch dem Wasserstoffbedarf der Brennstoffzelle angepasst. Nur die Hälfte des Wasserstoffs stammt aus der Powerpaste, die andere Hälfe liefert das Wasser zu. „Die Energiespeicherdichte der Powerpaste ist daher enorm: Sie ist wesentlich höher als bei einem 700 bar-Drucktank. Verglichen mit Batterien hat sie sogar die zehnfache Energiespeicherdichte“, so Vogt. Für den Fahrer heißt das: Er erzielt eine ähnliche Reichweite wie mit der gleichen Menge Benzin, wenn nicht sogar eine größere. Auch beim Reichweitenvergleich mit auf 700 bar komprimiertem Wasserstoff schneidet die Powerpaste besser ab. Dies lässt die Powerpaste nach Überzeugung der Forscher auch für Autos, Zustellfahrzeuge oder Range Extender – die die Reichweite von Elektroautos erhöhen – interessant werden.

Auch ohne Infrastruktur einsetzbar

Neben der großen Reichweite gibt es einen weiteren Punkt, der für die Powerpaste spricht: Während gasförmiger Wasserstoff eine kostenintensive Infrastruktur erfordert, lässt sie sich auch dort einsetzen, wo eine solche Infrastruktur fehlt. Denn die Paste ist fließfähig und pumpbar – sie kann daher auch über einen normalen Tankvorgang und vergleichsweise kostengünstige Abfüllanlagen getankt werden.

Am Fraunhofer-Projektzentrum für Energiespeicher und Systeme ZESS baut das Fraunhofer IFAM derzeit eine Produktionsanlage für die Paste auf. Ende 2021 soll diese in Betrieb gehen und dann bis zu vier Tonnen pro Jahr produzieren. (amo)