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"Handelsprozesse werden massiv automatisiert"

Digitale Beschaffungsplattformen bieten laut Expertenmeinung große Chancen, insbesondere für kleine und mittlere Stadtwerke. Gleichzeitig haben sie großes disruptives Potenzial, besonders Beschaffungskooperationen sind hier herausgefordert.
28.02.2018

Frank Neubauer, Bereichsleiter Vertrieb und Marketing bei der Stadtwerkekooperation Trianel.

Automatisierte Plattformangebote, wie beispielsweise Enmacc, EnPortal oder die bald auf den Markt kommende Tender365, bieten insbesondere für Kommunalversorger mit Beschaffungsportfolien unter 750 GWh große Effizienzvorteile und steigern zudem die Transparenz deutlich. Das ist laut einer ZfK-Umfrage die einhellige Meinung von rund einem Dutzend Energiehandelsexperten. "Die meisten Stadtwerke haben sich selbst dazu verpflichtet, Mengen ab bestimmten Losgrößen auszuschreiben. Bisher ist dieser Prozess sehr aufwendig und zeitintensiv", sagt Frank Neubauer . Bereichsleiter Vertrieb und Marketing bei der Stadtwerkekooperation Trianel. Durch die intelligente und systembasierte Verlinkung mit Handelspartnern oder Ausschreibungsplattformen werde dieser Prozess vereinfacht und verschlankt. Das Stadtwerk erhalte mit wenig Aufwand eine sehr gute Transparenz über die Marktpreise und könne sich direkt online für das beste Angebot im Markt entscheiden.

"Unabhängige Beratung bleibt gefragt, auch wenn die Transparenz über die Marktentwicklungen zunimmt"

"Für ein Stadtwerk sinkt der Aufwand je Ausschreibung erheblich, sodass mit gleichen Personalkapazitäten mehr Ausschreibungen, beispielsweise für B2B-Kunden bearbeitet werden können", sagt Neubauer. Trianel ist gerade dabei, sein Beschaffungsportal T-Desk für die rund 20 Nutzer mit der Enmacc-Plattform zu vernetzen. "Die vertrieblichen Handelsprozesse werden in den kommenden Jahren massiv automatisiert und digitalisiert", ist der Handelsexperte von Trianel überzeugt. Die Bepreisung und die Absicherung der kundenspezifischen Absatzmengen würden künftig mit wenigen Klicks möglich sein. Die Dienstleistung der unabhängigen Beratung durch Marktexperten werde aber weiterhin gefragt sein, auch wenn die Transparenz über die allgemeinen Marktentwicklungen weiter zunehmen werde.

Gefahr für das Geschäftsmodell der Börsen

Holger Schwenke, Geschäftsführer der LBD-Beratungsgesellschaft, unterscheidet dabei zwischen "Angeboten etablierter Handelspartner, die mittels eines Portals über sich einen Marktzugang zu den gängigen Handelsplätzen bieten sowie Angeboten neuer Marktteilnehmer, die einen eigenständigen elektronischen Marktplatz darstellen." Gerade diese neuen elektronischen Marktplätze hätten ein disruptives Geschäftspotenzial, gerade wenn man an klassische Broker denke. Für das Geschäftsmodell der Börsen werde es dann gefährlich, wenn sich elektronische Marktplätze entwickelten, die ebenfalls Kreditausfallsicherheit bieten. "Das ist mit weiterer Verbreitung der Blockchain-Technologie und automatisierten Zahlungen denkbar", so Schwenke.

Konsolidierung bei Handelsgesellschaften

Das Aufkommen neuer softwarebasierter Beschaffungsplattformen setzt aber auch die bestehenden Handelskooperationen noch stärker unter Druck. "Zum Teil sehen wir eine Konsolidierung bei Handelsgesellschaften mit kommunalen Anteilseignern", bestätigt Andre Schnelte, Senior Manager im Bereich Infrastructure Advisory bei der Beratungsgesellschaft PWC. Um mittelfristig weiterhin am Markt bestehen zu können, müssten diese Handelsgesellschaften den Aufwand durch schlanke Prozesse und IT-Lösungen gering halten. (hoe)

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Mehrere ausführliche Artikel zu dem Thema mit den wesentlichen Ergebnissen der ZfK-Umfrage finden Sie in der Märzausgabe der ZfK.

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