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"In der ZfK wurde schon vor Jahrzehnten diskutiert, wie man das Gasnetz ohne Erdgas nutzen kann"

Horoskope, Modenschauen für Ableser, eine Rede von Kanzler Helmut Schmidt: In den archivierten ZfK-Beständen hat unser Chef vom Dienst immer wieder neue Perlen entdeckt. Im Interview nennt er einige der Highlights und verrät, warum er jetzt erleichtert ist.
03.06.2024

Jürgen Walk ist Chef vom Dienst bei der ZfK. Er arbeitet seit 2003 als Redakteur für unsere Zeitung und ist damit mittlerweile der dienstälteste Mitarbeitende.

Die ZfK feiert ihren 70. Geburtstag und hat sich dazu einiges einfallen lassen: Am vergangenen Freitag ging unsere Jubiläums-Homepage online. Diese gibt einen kompakten Überblick über die bewegte Geschichte der Zeitung. Zusätzlich gibt es viele historische Artikel, Kuriositäten, Anekdoten und Testimonials. Und, nicht zu vergessen, einen sehr sehenswerten Trailer. Hier kommen Sie direkt auf die Seite.

Die Erstellung dieser Seite war echter Teamsport, eine bereichsübergreifende Projektgruppe mit Mitarbeitenden unter anderem aus den Bereichen Brand Management, Corporate Media, Grafik, Social Media und Redaktion ist für dieses Produkt verantwortlich. Deshalb greifen wir ungern jemanden heraus, aber an einem kommen wir hier dennoch nicht vorbei: Unserem Chef vom Dienst, Jürgen Walk, der Monate mit dem Sichten alter ZfK-Ausgaben zugebracht hat und auch die Jubiläumsbeilage verantwortet, die am kommenden Montag (10. Juni) erscheint. Im Interview blickt er auf 70 Jahre ZfK zurück.

"Von den rund 24.000 Zeitungsseiten der ZfK
seit 1954 habe ich rund drei Viertel durchgeblättert."

Jürgen, die 52-seitige Jubiläumbeilage ist in der Druckerei, unser internes Projektteam hat mit Dir für die Jubiläums-Homepage einen, wie ich finde, richtig schönen Jubiläumstrailer produziert. Monatelang hast Du in den Archiven geforscht, jetzt musstest Du kurz ins Rampenlicht und vor die Kamera. Wie froh bist Du, dass die Produkte jetzt endlich im Kasten sind?
Jürgen Walk: Um ehrlich zu sein, ich bin sehr erleichtert (lacht). Ich hatte in den letzten Wochen und Monaten kaum mehr ein Privatleben. Von den rund 24.000 erschienenen Zeitungsseiten der ZfK seit 1954 habe ich rund drei Viertel durchgeblättert. Die 1950er, 1960er und die 1970er Jahre vollständig, auch die frühen und wieder die späten 80er Jahre ziemlich komplett.

Da sind viele Wochenenden bei drauf gegangen. Am Schluss ist der Zeitdruck nochmal deutlich gestiegen, da musste ich auch ein bisschen mehr Mut zur Lücke haben.

Wann hast Du mit dem Projekt angefangen?
Im Herbst vergangenen Jahres kam Carsten Wagner, der Geschäftsführer des VKU Verlags, mit der Idee einer Jubiläumsbeilage auf mich zu. Sehr geholfen hat mir bei der Recherche, dass wir die ZfK-Jahresbände von 1954 bis 2014 ebenfalls im Herbst digitalisiert haben. Bis dato hatten die älteren Ausgaben alle in Papierform im Archiv gelegen.

"Natürlich hat mir der Artikel über die Tippgemeinschaft
einiger Ableser gefallen, die den Lottogewinn ..."

Wie bist Du bei der Auswahl der Texte für die Beilage und für den Newsletter vorgegangen?
Die Texte mussten entweder für die heutige Zeit relevant oder unterhaltsam sein. Wenn man 300 bis 400 Seiten am Stück durchblättert, wird man irgendwann betriebsblind. Aber das Schöne ist, dass man immer wieder neue Perlen entdeckt.

Was sind denn für Dich persönlich einige der schönsten Perlen?
Ich will da keine Favoriten nennen, es gibt viele lesenswerte Artikel. Natürlich hat mir der Artikel über die Tippgemeinschaft einiger Ableser gefallen, die den Lottogewinn an ihr Stadtwerk verleihen zum Bau eines Betriebshofs. Unter die Rubrik Kurioses fällt sicher auch eine Glosse, in der ein Stadtdirektor versucht, die Bürgerinnen und Bürger mit einem Gläschen Cognac für die Lektüre der trockenen Haushaltsentwürfe zu motivieren.

Sehr spannend fand ich schließlich auch einen Text, wie ernst die Mannheimer schon 1991 das Thema Datensicherheit genommen haben – und wie kreativ sie das bei den damals begrenzen technischen Möglichkeiten gelöst haben.

"Die Nutzung von Wasserstoff wurde schon
in den Anfangsjahrzehnten der ZfK diskutiert."

Hast Du auch Dejà-vus gehabt, im Sinne von diese technischen Themen sind noch heute aktuell?
Jede Menge. Meine Vorliebe für das Thema Mobilität habe ich in der Jubiläumsbeilage ein bisschen ausleben dürfen. Dort sind allein drei Seiten der Mobilität gewidmet. E-Mobilität etwa war schon in den 1950er und 1960er Jahren ein Thema in der ZfK.

Es gibt auch den sogenannten Gyrobus, der an die Oberleitung gehängt wurde und mit einem rotierenden Schwungrad fährt. Dieser wurde beispielsweise in den 1960er Jahren in der Schweiz eingesetzt. 2023 ist das gleiche Prinzip bei den Stadtwerken Bensheim in Deutschland wieder sehr aktuell geworden – ein Schwungspeicher, diesmal in einem Gebäude, treibt die Busse an.

Gibt es weitere Dauerbrenner?
Auch die Nutzung von Wasserstoff wurde in den Anfangsjahrzehnten der ZfK schon diskutiert. Auch damals hat man sich schon Gedanken gemacht, wie man die Netzinfrastruktur nutzen kann, wenn es kein Erdgas mehr gibt. Bereits in den 1970er Jahren gab es Überlegungen, künftig Wasserstoff ins Gasnetz einzuspeisen.

"Ich finde es wichtig, dass wir redaktionell unabhängig sind."

Die ZfK ist ja insofern schon eine für die Branche ungewöhnliche Zeitung, weil sie einem Verband gehört, aber explizit verbandsunabhängig ist und redaktionell frei arbeitet – so hatte sich das der erste Chefredakteur Georg Trurnit Berkenhoff mit dem VKU ausgehandelt. Das ist ja immer ein Stück weit eine Gratwanderung, wie gut hat das funktioniert in den vergangenen 70 Jahren?
Ich finde es sehr wichtig, dass wir diese Unabhängigkeit haben. Wenn wir in festen Verbandsstrukturen wären, würde uns das jegliche Möglichkeiten nehmen, auch mal, wenn es erforderlich ist, kritisch über Entwicklungen in der Kommunalwirtschaft oder das vielleicht schädliche oder unangemessene Verhalten eines einzelnen Unternehmens zu berichten. Diese Option hätten wir als Verbandsorgan nicht, sondern nur in einer unabhängigen Zeitung.

Wie hat sich die ZfK über die Jahrzehnte redaktionell entwickelt? Wo siehst Du die größen Unterschiede zwischen früher und heute?
Die ZfK der 1950er, 1960er und der frühen 1970er Jahre war viel stärker auf Unterhaltsamkeit ausgerichtet als heute. Man findet in den alten Ausgaben eine Vielzahl an Kurzgeschichten, Karikaturen, Kuriositäten, Anekdoten. Dem ersten ZfK-Chefredakteur Georg Trurnit Berkenhoff war es wichtig, die Leserinnen und Leser zu unterhalten und auch die Menschen außerhalb der Energiebranche anzusprechen, etwa die Stadt- und Gemeinderäte.

Die spätere ZfK ist sachlicher. Berkenhoff wollte Politik machen, teilweise waren das sehr persönliche Auseinandersetzungen. Er hat in der ZfK geschimpft, auch auf persönlicher Ebene. Aber er hat ein sehr unterhaltsames Blatt gemacht, die Zeitung durfte nicht langweilig sein.

(Die Fragen stellte Hans-Peter Hoeren)