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Kommunale Wirtschaftsförderung leistet „wichtigen Beitrag zur Erholung“

Das Steinbeis-Zentrum für Europäische Politik- und Sentimentanalyse hat eine bundesweite Studie dazu durchgeführt, wie die Stärken und Schwächen der kommunalen Wirtschaftsförderung in und nach der Corona-Krise wahrgenommen werden. Ein Gastbeitrag von Oliver Serfling und Jakob Lempp.
11.11.2021

Die Studie bescheinigt der kommunalen Wirtschaftsförderung insgesamt gute Noten. Verbesserungspotenzial besteht beim Ausbau von Versorgungsnetzen.

 

Die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie sowie die staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung führten in eine dramatische wirtschaftliche Krise – je nach Messweise sogar zum stärksten Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Dabei hat sich die Krise nicht auf alle Branchen in gleicher Weise ausgewirkt, was sich auch in der regional sehr unterschiedlichen Betroffenheit spiegelt.

Die Wirtschaftsförderungen, die ein zentrales Instrument kommunaler Wirtschafts- und Strukturpolitik sind, sehen sich durch diese Krise vor ganz besondere Herausforderungen und Aufgaben gestellt. Wie kommunale Wirtschaftsförderungen in und nach der Krise in der Öffentlichkeit bewertet werden, ist bisher nicht untersucht worden. Zu diesem Zweck hat das Steinbeis-Zentrum für Europäische Politik- und Sentimentanalyse zwischen dem 9. und dem 19. April 2021 in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey insgesamt über 5000 Menschen in Deutschland zu ihrer Wahrnehmung der Rolle der kommunalen Wirtschaftsförderung in Deutschland befragt. Die Ergebnisse der repräsentativen Befragung förderten mitunter Überraschendes zu Tage.

Regionale Unterschiede

Zunächst wird deutlich, dass die Betroffenheit der Wirtschaft durch die Corona-Pandemie regional sehr unterschiedlich bewertet wird. Deutschlandweit sieht knapp die Hälfte der Befragten die kommunale Wirtschaft sehr stark oder eher stark betroffen. Im Osten Deutschlands und im Ruhrgebiet, aber auch in eher strukturschwachen Gebieten Bayerns und Grenzlagen liegen diese Werte besonders hoch, wohingegen in den ländlichen Gebieten Baden-Württembergs oder auch Niedersachsens die Betroffenheit der Wirtschaft als weniger stark eingeschätzt wird.

Dabei unterscheiden die Befragten durchaus zwischen langfristigen, strukturellen Veränderungen und den kurzfristigen Folgen der Pandemie. Fragt man nämlich, wie sich die regionale Wirtschaft im Vergleich zu den umliegenden Regionen in den vergangenen drei Jahren entwickelt hat, sticht insbesondere das westliche Umland Berlins hervor, in welchem eine Mehrheit der Befragten den Eindruck hat, die Region habe sich wirtschaftlich vergleichsweise gut entwickelt. Schlechter als im Umland dagegen hat sich die Wirtschaft nach Einschätzung der Befragten insbesondere in Teilen des Ruhrgebiets, in den Ferienregionen im Norden Mecklenburg-Vorpommerns, im Pfälzer Wald und im südlichen Sachsen-Anhalt entwickelt.

Wachsende Bedeutung

Ein Großteil der Befragten glaubt jedoch, dass die staatliche Wirtschaftsförderung einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der kommunalen Wirtschaft leistet. Rund 43 Prozent stimmen dieser Aussage zu, lediglich 19 Prozent sehen dies nicht so. Regional fallen hier sehr große Unterschiede auf. Während in einigen Regionen ca. 60 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle der Wirtschaftsförderung bei der Unterstützung der kommunalen Wirtschaft sehen (etwa Emden oder Friesland), liegt dieser Wert etwa in Wolfsburg oder Würzburg bei unter 30 Prozent.

Wird nun nach den konkreten Instrumenten gefragt, mittels derer die kommunalen Wirtschaftsförderungen ihre Aufgaben erfüllen, gibt es viel Unkenntnis. Eine große Mehrheit der Befragten verfügt nach eigener Aussage kaum über Wissen zu Aufgaben und konkreten Tätigkeiten der Wirtschaftsförderer.

Wissenslücken bei konkreten Fragen

Knapp zwei Drittel der Befragten antworten auf die Frage: „In welchen Bereichen ist die Wirtschaftsförderung besonders aktiv?“ mit „Weiß nicht“ – überraschend ist hier allenfalls die ebenfalls große Varianz zwischen den unterschiedlichen Landkreisen (zwischen unter 40 und über 80 Prozent).

Gefragt wurde nun, in welchen von acht vorgegebenen Tätigkeitsbereichen die kommunale Wirtschaftsförderung als besonders aktiv eingeschätzt wird und wo am ehesten Verbesserungsbedarfe identifiziert werden. Dabei zeigte sich, dass die Wirtschaftsförderungen aus Sicht der Befragten in den Bereichen Gewerbeflächenmanagement, Tourismusförderung und Standortmarketing besonders gut abschnitten. Besonderes Verbesserungspotenzial dagegen sehen die Befragten insbesondere beim Ausbau von Versorgungsnetzen, der Förderung von Existenzgründungen und Start-ups und dem Angebot von Aus- und Weiterbildungen.

Hilfe für betroffene Firmen

Insgesamt zeigt sich zum Ende der Pandemie, dass die Befragten die Hauptaufgabe der Wirtschaftsförderung in der Förderung bestehender Unternehmen vor Ort und weniger bei der Ansiedelung neuer Firmen sehen. Eine Hausaufgabe für die kommunalen Wirtschaftsförderungen wird also die Unterstützung der von der Pandemie besonders betroffenen Unternehmen in den identifizierten Themenbereichen sein. (hp)

Die Autoren: Prof. Dr. Oliver Serfling und Prof. Dr. Jakob Lempp vom Steinbeis-Zentrum für Europäische Politik- und Sentimentanalyse