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Lowis: "Wir brauchen teils dramatisch geänderte Gesetze und Verordnungen für die Energiewende"

Der Unternehmensverbund erwartet einen immensen Ausbau an Erneuerbaren und Freileitungen bis 2030. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sei das nicht zu schaffen, warnt der EnviaM-Chef.
06.06.2023

Stephan Lowis ist Vorstandsvorsitzender der enviaM-Gruppe aus Chemnitz.

Die  enviaM-Gruppe aus Chemnitz hat trotz der Energiekrise im vergangenen Jahr ihr Ergebnis steigern können. Mit einem neuen Investitionsprogramm soll nun der Ausbau der Energieinfrastruktur, die Digitalisierung und die Fachkräftegewinnung forciert werden.

„Vor uns liegen riesige Herausforderungen für das Gelingen der energiewirtschaftlichen Transformationen. Das vergangene Jahr hat jedem deutlich gezeigt, dass alles von verfügbarer und bezahlbarer Energie abhängt. Netze, erneuerbare, aber auch konventionelle Energien verlangen in den nächsten Jahren gigantische Investitionen“ sagte der enviaM-Vorstandsvorsitzende Stephan Lowis auf der Bilanzpressekonferenz.

Die von der Bundesregierung im neuen EEG 2023 beschlossenen Ausbaumaßnahmen für erneuerbare Energien bedeuten für das Netzgebiet der enviaM-Gruppe bis 2030 den Bau von rund 900 Windkraftanlagen, 133.000 Photovoltaikanlagen und 1.500 Kilometer Freileitungen.

Ein Fokus liegt auf intelligenten Netzlösungen

„Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen für Planung und Genehmigung ist das nicht schaffbar. Wir brauchen hier dringend mehr Tempo, klare Umsetzungsschritte und teils dramatisch geänderte Gesetze und Verordnungen“, betonte Lowis.

Der Unternehmensverbund plant für Ausbau, Erneuerung und Instandhaltung der Stromnetze 2023 rund 343 Millionen Euro ein. Besonderes Augenmerk liegt auf dem digitalen Ausbau und intelligenten Netzlösungen. Dafür stehen weitere 50 Millionen Euro bereit.

Erzeugungsleistung aus Erneuerbaren höher als aus konventioneller Energieproduktion

Die enviaM-Gruppe treibt zudem auch den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter voran. Im Jahr 2022 gingen mit vier neuen Solarparks und der Vervollständigung des Windparks Lützen rund 44 Megawatt installierter Leistung ans Netz. Die erzeugte Leistung aus erneuerbaren Energien erreichte dabei mit 346 Gigawattstunden einen höheren Anteil als die konventionelle Erzeugung von 323 Gigawattstunden.

Für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energieanlagen 2023 sind rund 20 Millionen Euro vorgesehen. Als größtes Projekt möchte die enviaM-Gruppe den Solarpark Mockrehna mit einer installierten Leistung von mehr als 30 Megawatt peak errichten.

Weitere Datacenter geplant

Ein weiteres Geschäftsfeld der Eon-Tochter ist neben der Energieversorgung die Telekommunikationsinfrastruktur. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Breitbandversorgung von Privatkunden und Gewerbegebieten sowie dem Betrieb von Datacentern. "Bei der Digitalisierung besteht weiterhin erheblicher Handlungsbedarf. Wir planen derzeit Datacenter gemeinsam mit Eon-Schwesterunternehmen und Partnern, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen", sagte Patrick Kather, enviaM-Vorstand Vertrieb.

Um die kommenden Vorhaben zu realisieren, benötigt die enviaM-Gruppe ausreichend qualifizierte Mitarbeiter. Durch altersbedingte Abgänge sind die Beschäftigtenzahlen 2022 leicht auf 3.336 gesunken (2021: 3.398).

"Bis Jahresende müssen 200 Ingenieurs- und Facharbeiterstellen im Netzbereich besetzt werden"

„Auch wir sind vom demografischen Wandel und zunehmenden Fachkräftemangel betroffen. Vor allem im Netzbereich müssen wir bis Jahresende rund 200 Ingenieurs- und Facharbeiterstellen besetzen“, sagte Sigrid Nagl, enviaM-Personalvorständin und Arbeitsdirektorin.  

In der Ausbildung gibt es seit 2023 den neuen Beruf Kaufmann/-frau für Digitalisierungsmanagement, um klassische kaufmännische Prozesse zunehmend zu digitalisieren. In die Weiterbildung, insbesondere auch von Ausbildern, flossen 2022 rund vier Millionen Euro (2021: 2,8 Millionen Euro).

Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) der enviaM-Gruppe steigerte sich auf 334,5 Millionen Euro (2021: 316,7 Millionen Euro).  Das Ergebnis kommt den enviaM-Anteilseignern zugute. Sie erhalten eine Dividende von 0,65 Euro je Stückaktie (2021: 0,77 Euro je Stückaktie). Insgesamt werden 161,3 Millionen Euro an die Gesellschafter ausgeschüttet. Davon profitieren auch die zu 42,1 Prozent an enviaM beteiligten regionalen Kommunen. Sie erhalten 67,9 Millionen Euro. (hoe)