Nachrichten

Neue Wege in der Finanzierung

Neue Geschäftsmodelle verändern die Stadtwerkelandschaft und damit auch die Finanzierung. In welcher Art und Weise und wie hier eine Best-Practice aussehen kann, zeigte das 7. VKU-Finanzierungsforum auf.
13.11.2018

Daniela Trochwoski ist seit 2009 Staatssekretärin im brandenburgischen Finanzministerium.

Die Digitalisierung stellt Finanz- und Energiewirtschaft gleichermaßen vor große Herausforderungen. Das spüren auch die Förder- und Landesbanken im täglichen Geschäft. "Hier geht es auch darum, was für Finanzierungen es für neue Geschäftsmodelle gibt", verdeutlichte Tillmann Stenger, Vorstandsvorsitzender der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) und gleichzeitig Gastgeber des 7. VKU-Finanzierungsforums in Potsdam.

Nachhaltigkeitsdebatte verändert Kapitalmarkt

Entwicklungen am Finanzmarkt, neue Finanzierungswege zur Geschäftsfeldentwicklung, digitales Zahlungsmanagement und Best-Practice-Beispiele zur Umsetzung der Energiewende bildeten den thematischen Rahmen. Wie die Nachhaltigkeitsdebatte die Kapitalmärkte verändert hat und wie sich die politische Umsetzung und Diskussion nachhaltiger Investitionsstrategien (Divestment) in Deutschland und der EU entwickelt, zeigte zum Auftakt Daniela Trochowski, Staatssekretärin im brandenburgischen Finanzministerium, in ihrem Impulsvortrag auf.

EU-Vorstoß für nachhaltiges Finanzwesen

Rund 270 Mrd. Euro an Investitionen jährlich sind laut Europäischer Investitionsbank notwendig, wenn die EU ihre klimapolitischen Ziele bis 2030 erreichen will. Trochowski erhofft sich hier einiges von dem im Mai vorgelegten Aktionsplan der EU zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzwesens. Der Plan sieht unter anderem ein einheitliches Klassifikationssystem vor, anhand dessen bestimmt werden kann, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Gleichzeitig soll die Verordnung für institutionelle Anleger, etwa Vermögensverwalter, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds oder Anlageberater verpflichtend festlegen,wie diese die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (ESG-Faktoren) in ihren Investitionsentscheidungsprozessen berücksichtigen.

Was ist ökologische Nachhaltigkeit?

"Es ist sehr schwer Einigkeit darüber herzustellen, was unter ökologischer Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Insofern ist der Vorstoß aus Brüssel zu begrüßen", betonte die Staatssekretärin. In einigen Punkten sieht sie Nachbesserungsbedarf, beispielsweise sollte die Brüsseler Definition um Negativkriterien wie keine Diskriminierung von Minderheiten oder den Verzicht der Produktion von Streubomben ergänzt werden. Auch in Brandenburg diskutiert man die Einführung nachhaltiger Investitionsstrategien für den Versorgungsfonds des Landes, bisher konnte aber noch kein Konsens über die dabei zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsaspekte hergestellt werden.

Viele Stadtwerke führen aktuelle Verschuldung zurück

In Sachen Finanzierungsfähigkeit kommen die Stadtwerke laut Analyst Karl Holger Möller von Euler Hermes Rating aus einer Komfortzone. "Aktuell besteht die Tendenz zur Rückführung der Finanzverschuldung, um sich dann entsprechend Fördermittel und auch das Zinsniveau zu sichern", so Möller. Die Ertragskraft der Stadtwerke habe sich 2017/18 relativ stabil entwickelt, bei 80 Prozent der von Euler Hermes untersuchten 110 Stadtwerke sei die Nettofinanzverschuldung zurückgeführt worden.

Euler Hermes Rating: "Konsolidierungsdruck nimmt zu"

"Wir glauben aber, dass der Konsolidierungsdruck weiter zunehmen wird, sodass es durch Zusammenschlüsse zu einem deutlichen Abschmelzen der Stadtwerkelandschaft kommen wird", prognostizierte der Analyst. Möller rechnet damit, dass sich die finanzielle Flexibilität der Kommunalversorger durch die notwendigen Investitionen in neue Geschäftsfelder verschlechtern wird. Die Versorger hätten zwar auch künftig bevorzugten Zugang zu Mitteln der Förderbanken, es gebe aber mehr Risiken.

Die Empfehlung von Loanboox

Als neue Konkurrenz der öffentlich-rechtlichen Banken buhlen zunehmend auch Online-Kreditplattformen um die Aufmerksamkeit der Kommunalwirtschaft. Der digitale Kreditmarktplatz Loanboox beispielsweise verzeichnet einige Wochen nach seinem Markteintritt in Deutschland ein wachsendes Interesse von Kommunalversorgern. Bereits ein Stadtwerk in privater Rechtsform habe man bisher als Kunden gewinnen können, erklärte Loanboox-Geschäftsführer Andreas Franke. Mit mehreren weiteren Unternehmen befände man sich zudem in fortgeschrittenen Gesprächen. Im Schnitt liegen die Volumina der über die Plattform vermittelten Kredite zwischen zehn und 15 Mio. Euro. Stadtwerken empfiehlt Franke, ihr Finanzierungsgesuch mindestens vier bis sechs Wochen einzustellen, um ein ausreichendes Maß an Angeboten der interessierten Banken zu generieren.

Finanzierungskonzept für Smart Meter Roll-out

Neue Wege in der Finanzierung geht auch die Deutsche Anlagen Leasing mit einem Finanzierungskonzept für Digitalisierungsvorhaben von Smart City bis hin zum Smart Meter Roll-out. In einer einjährigen Sammelphase werden dabei alle beim Smart Meter Roll-out anfallenden Kosten von der DAL vorfinanziert. In einem weitergehenden Modell wird dieser Ansatz auch gemeinsam mit dem Gateway-Administrator Hausheld angeboten, der bis zu 100 intelligente Messsysteme auf einem zentralen Gateway bündelt.

Best Practice am Beispiel SW Cottbus

Wie man auch unter nicht ganz einfachen Voraussetzungen die Umsetzung der Energiewende vor Ort finanzieren kann, zeigte im letzten Themenblock das Beispiel der Stadtwerke Cottbus. Um die Wärmeversorgung langfristig und klimaschonend zu sichern, ersetzt der Kommunalversorger bis 2022 ein störungsanfälliges Braunkohle-Heizkraftwerk durch fünf gasbefeuerte Blockheizkraftwerke auf KWK-Basis und einen Wärmespeicher. Die Herausforderung: Die Investitionskosten von 75 Mio. Euro mussten ohne Eigenkapital und mit einer Zinsbindung von 18 Jahren finanziert werden.

Sprunginvestition als besondere Hürde

Erschwerend kam hinzu, dass es sich um eine Sprunginvestition handelte. Sprich, die Investitionssumme ist in Relation zur Bilanz besonders hoch und führt während und kurz nach der Bauzeit zu erheblichen Belastungen der Kreditwürdigkeit. Hinzukam ein sehr knapper Zeitrahmen zwischen Investitionsentscheidung, Baubeginn und Betriebsaufnahme. Unter anderem dank einer fundierten Investitions- und Finanzierungsvorbereitung des Unternehmens und der Hinzuziehung eines Unternehmensberaters konnte ein tragfähiges Finanzierungskonzept ausgearbeitet werden. Rund 50 Mio. Euro an Darlehen stellt die KfW bereit, weitere 25 Mio. Euro die Investitionsbank des Landes Brandenburg.

Portoliofinanzierung: DKB geht neue Wege

Dass sich die Geschäftsmodelle verändern gilt auch für den Erneuerbaren-Sektor. Das EEG 2017 bringe über Ausschreibungen erhebliche Herausforderungen für die Akteure, führte Daniel Quade, Fachbereichsleiter Energie und Versorgung bei der Deutschen Kreditbank AG (DKB), aus. "Die Alternativen zur EEG-basierten Projektfinanzierung werden zunehmend interessant", so Quade. Die Strompreisentwicklung habe erheblichen Einfluss auf zukünftige Investitions- und Finanzierungskonzepte. Mit Blick auf neue, dezentrale Geschäftsmodelle wie Eigenverbrauchslösungen, Public Purchase Agreements oder Power to X bietet die Deutsche Kreditbank hier neue Lösungen im Bereich Portfoliofinanzierung an. Die DKB ist mit einem Gesamtportfolio im Umfang von 10,4 Mrd. Euro einer der führenden Finanzierer von erneuerbaren Energieprojekten in Deutschland. (hoe)

-----------------------------------

Einen umfassenden Artikel über Online-Kreditplattformen sowie Artikel zur Umfinanzierung der Stadtwerke Völklingen und der erfolgreichen Restrukturierung des Duisburger DVV-Konzerns finden Sie im aktuellen Finanzierungs-Schwerpunkt in der November-Ausgabe der ZfK.