Die Stadtwerke Lübeck wollen mit schlankeren Strukturen die schwarze Null sichern
Mit einer umfassenden Reorganisation der Konzernstruktur und dem Abbau von teils enormen Doppelspurigkeiten wollen die Stadtwerke Lübeck auch in den kommenden Jahren zukunftsfähig bleiben. „Wir haben schon vor zwei Jahren in der Planung festgestellt, dass die Ergebnisse nicht mehr ausreichen werden, um die schwarze Null im Stadtwerkekonzern zu sichern. Gleichzeitig haben wir in den kommenden Jahren einen enormen Investitionsbedarf, etwa im Glasfaserausbau“, sagt Stadtwerkechef Jens Meier im Gespräch mit der ZfK.
Als Hauptgründe für die Ertragsperspektiven nennt er massive Einbußen plus wenig Aussichten auf Besserung im ÖPNV und verstärkten Ergebnisdruck im klassischen Commodity- und Netzgeschäft. Mehrheitsgesellschafter der Stadtwerke ist die Stadt Lübeck, 25,1 Prozent der Anteile werden von der Aachener Stawag gehalten.
Ohne gezieltes Gegensteuern hätte laut dem Stadtwerkechef spätestens in 2026 ein Defizit von vier Mio. Euro gedroht, auch die Banken hätten keine große Bereitschaft gezeigt, den kommunalen Konzern mit diesen Ergebnisperspektiven ohne weiteres zu finanzieren.
Stellenstreichungen werden über Fluktuation und Altersteilzeit kompensiert
Ab kommendem Jahr sollen über Kosteneinsparungen und Erlössteigerungen in Zukunftsgeschäften, wie der E-Mobilität, dezentralen Energielösungen oder Smart-City-Anwendungen, das Ergebnis nun jährlich um vier Mio. Euro verbessert werden. Dreh- und Angelpunkt dabei sind schlankere Strukturen, durch über 200 Einzelmaßnahmen sollen in signifikantem Maße Effizienzen gehoben werden. Das Konzept wurde bereits von allen zuständigen Gremien abgesegnet.
Dabei werden in zentral geführten Abteilungen, wie dem Controlling, auch Stellen gestrichen. „Dies werden wir durch Fluktuation und Altersteilzeitlösungen kompensieren“, versichert Meier und schließt betriebsbedingte Kündigungen aus. Die Beschäftigtenzahl im Konzern werde aber auf dem heutigen Niveau von rund 1500 Stellen bleiben, denn im wachsenden Geschäftsfeld Digitalisierung sollen auch neue Arbeitsplätze entstehen.
"Aktuell gibt es an verschiedenen Stellen im Konzern Controllingeinheiten"
„In der aktuellen Konzernorganisation haben wir an vier verschiedenen Stellen Controllingeinheiten, auch Digitalisierung und Vertrieb finden sich in mehreren Bereichen wieder“, verdeutlicht Meier. Die aktuelle Konzernstruktur sei für die Bewältigung von Energie- und Mobilitätswende kontraproduktiv. „Große Themen, wie die E-Mobilität bekommen wir in der alten Struktur nicht mehr gewupptt“, so Meier weiter. Das Thema E-Mobilität sei im Verkehrsbereich angesiedelt, das Thema Elektrifizierung bei den Stadtwerken.
"Von dezentralen Gesellschaften hin zu einem integrierten Konzern"
Aktuell ist die Muttergesellschaft der Stadtwerke Lübeck eine reine Finanzholding, daneben gibt es eine Stadtwerke GmbH und eine Stadtverkehrs GmbH. „Wir wollen weg von den dezentralen Gesellschaften hin zu einem integrierten Konzern“, erklärt Meier. In der neuen Struktur, die ab 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten soll, würden alle Shared-Services, wie Controlling, Finanzen, Personalwesen oder IT sowie zentrale Vertriebs- und Marketingfunktionen bei der Muttergesellschaft, der Stadtwerke Lübeck Gruppe, gebündelt.
Darunter sind die vier zentralen Geschäftsfelder der Stadtwerke angesiedelt: Energie & Wasser, Mobilität, Digitalisierung sowie Infrastruktur, zu denen neben den Energie- und Glasfasernetzen auch die Gebäude und Liegenschaften gehören werden. Alle zusammen werden zukünftig unter der Dachmarke „Stadtwerke Lübeck“ auftreten. Einzige Ausnahme stellt die TraveNetz dar. Diese ist aus steuerlichen und regulatorischen Gründen weiterhin im Bereich Energie angesiedelt.
Drei Geschäftsführer und klare Verantwortlichkeiten
Die neue Organisationsstruktur geht einher mit einer Erweiterung der Geschäftsführung und klaren Verantwortlichkeiten für die vier Geschäftsfelder. Der bisherige Stadtwerkechef Jens Meier wird Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Lübeck Gruppe und dabei neben den Geschäftsfeldern Energie und Wasser und Infrastrukturen auch die Strategie und Kommunikation des Stadtwerke-Konzerns verantworten.
Der bisherige Chef der Telekommunikationstochter TraveKom, Christoph Schweitzer, leitet künftig das Geschäftsfeld Digitalisierung und Telekommunikation und der bisherige Geschäftsführer der Stadtverkehr Lübeck GmbH, Andreas Ortz, verantwortet das Geschäftsfeld Mobilität.
"Teilweise wurden Themen doppelt und dreifach, teils gar nicht bespielt"
„Für uns ist es wichtig, dass wir die klaren Verantwortlichkeiten hinbekommen. Da hatten wir in der Vergangenheit einige Unklarheiten, wo an welchen Stellen und in welcher Abteilung und Gesellschaft, welches Thema liegt. Teilweise wurde es doppelt und dreifach und teilweise gar nicht bespielt. Kunden haben für so etwas berechtigterweise kein Verständnis“, stellt Jens Meier klar.
Vor allem dank der neuen Strukturierung der Shared Services und anderer administrativer Bereiche sei er zuversichtlich mehr als die ursprünglich vorgesehenen vier Mio. Euro Ergebnisverbesserung pro Jahr zu erreichen. „Auch die Banken stehen den neuen Planungen sehr positiv gegenüber“.
Allein in den Glasfaserausbau werden bis 2030 mehr als 80 Mio. Euro investiert
Neben dem Sichern der schwarzen Null haben sich die Stadtwerke Lübeck in dem neuen Konzernprogramm das Ziel gesetzt, die Mobilitäts- und die Energiewende sowie die Digitalisierung in Lübeck und Region weiterhin „kraftvoll zu unterstützen“. Mit Hilfe der neuen Strukturen sollen die anstehenden Zukunftsinvestitionen bis 2026 gesichert werden. Allein im Glasfaserbereich sind in den nächsten 10 Jahren Investitionen im Umfang von mehr als 80 Mio. Euro vorgesehen.
Einzelne Gesellschaften werden unter vereinheitlichtem Logo zusammengeführt
Mit der neuen Struktur einhergeht eine Stärkung und Vereinheitlichung des Außenauftritts, die einzelnen Unternehmen werden unter einem vereinheitlichen Logo-Auftritt zusammengeführt: Für die Menschen sei man „die Stadtwerke“ – und nicht fünf oder sechs schwer zu überschauende Einzelunternehmen. „Künftig soll die Stadtwerk Lübeck Marke für das gesamte Unternehmen stehen und wir wollen auch bei den Einzelgesellschaften nur noch zurückhaltend mit Zusätzen arbeiten“, sagt Meier.
Die Marke Stadtwerke werde aktuell in der Bevölkerung sehr positiv wahrgenommen. „Ich war selbst überrascht, in welchem Ausmaß Stadtwerke aktuell als sehr seriös und verlässlich eingeordnet werden“. Auch ein Kunstname hätte zwischenzeitlich zur Diskussion gestanden. Auf Basis der deutlichen Ergebnisse der Marktbefragung hätte man sich aber bewusst dagegen entschieden. (hoe)