SW Köln: OB-Gutachten hält Wahl des Aufsichtsratschefs für nichtig
Der erst vor zwei Monaten gewählte Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke Köln, Harald Kraus, hat zwar kürzlich erklärt, sein Amt wieder abzugeben wenn es den Vertretern des Stadtrates gelingt, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten für den Chefposten des Kontrollgremiums zu einigen. Er habe sich immer als „Interimskandidat“ verstanden, sagte er im August.
Doch die Suche nach einem neuen Vorsitzenden des Stadtwerke-Aufsichtsrates gestaltet sich offenbar schwierig. Ein jüngst angesetztes Treffen von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) mit den Fraktionsspitzen wurde abgesagt, da es keinen zu diskutierenden Kandidaten gab. Inzwischen gilt aber als ausgeschlossen, dass der neue Chefkontrolleur aus der Mitte des Aufsichtsrates kommt. Es soll eine externe Lösung gefunden werden, berichtet die Kölnische Rundschau.
Wahl „im eklatantem Widerspruch“ zur Gemeindeordnung
Anfang Juli hatte der Aufsichtsrat seinen kommissarischen Vorsitzenden Harald Kraus mehrheitlich zum endgültigen Vorsitzenden gewählt, mit Stimmen der SPD, der Linken und der zehn Arbeitnehmervertreter. Damit war erstmals in der Domstadt und womöglich in der Bundesrepublik ein Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter gegen den Willen des Eigentümers Chef des Kontrollgremiums geworden. Die Kandidatin der Stadtratsmehrheit, OB Henriette Reker, fiel durch. Im Falle eines Patts hat der Aufsichtsratsvorsitzende doppeltes Stimmrecht im Gremium.
Nach einem Bericht der Kölnischen Rundschau liegt der Stadt nunmehr ein von OB Reker in Auftrag gegebenes Gutachten vor, das die Wahl von Kraus als nicht rechtmäßig einstuft. Das Wahlergebnis sei somit nichtig. Die Wahl stehe „in eklatantem Widerspruch“ zum Paragrafen 108 Absatz 1 der Gemeindeordnung, der einen „angemessenen Einfluss“ der Stadt insbesondere auf den Aufsichtsrat als Überwachungsorgan voraussetzt, heißt es in dem Papier, das der Kölnischen Rundschau nach eigenen Angaben in Auszügen vorliegt.
"Rote Linie des Verfassungsrechts überschritten"
Das Demokratieprinzip verlange nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „auch für privatrechtsförmige Kommunalunternehmen wie die Stadtwerke eine ausreichende demokratische Legitimation des Aufsichtsrats und der Geschäftsführung“. „Diese rote Linie des Verfassungsrechts ist durch die Wahl von Herrn Kraus überschritten“, zitiert die Zeitung aus dem Gutachten.
Schließlich könnten die Arbeitnehmervertreter, die nicht durch Wahlen legitimiert seien, im Konfliktfall die Mehrheit im Aufsichtsrat stellen und sogar über die Bestellung der Geschäftsführung entscheiden. „Es sprechen somit sehr gewichtige Gründe dafür, dass der Beschluss wegen Verstoßes gegen Paragraf 108 (...) der Gemeindeordnung in Verbindung mit dem Demokratieprinzip nichtig ist“, wird der Inhalt des Gutachtens weiter zitiert. Daher sei die Situation einer faktischen Arbeitnehmermehrheit aufzulösen und der Beschluss zurückzunehmen.
Staatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen ab
Unterdessen hat der Zeitung zufolge die Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Ermittlungen zur Stadtwerke-Affäre „mangels Anfangsverdachts“ abgelehnt. Ein Anwalt hatte demnach Anzeige wegen Untreue erstattet, nachdem bekannt geworden war, dass ein hoch dotierter Geschäftsführer-Posten bei den Stadtwerken für SPD-Politiker Martin Börschel geschaffen werden sollte. Reker hatte diese Besetzung verhindert. Der Fall hatte als „Klüngel-Affäre“ wochenlang für Schlagzeilen in den lokalen Medien gesorgt. (hil)