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Teyssen: Eon soll das „größte Stadtwerk“ werden

Die Vorstandschefs von Eon und RWE, Johannes Teyssen und Rolf Martin Schmitz, skizzieren, wohin die Reise mit dem Innogy-Deal gehen soll.
13.03.2018

So viel Harmonie war selten: Gemeinsame Pressekonferenz von Eon und RWE in Essen.

Mit einem demonstrativen Handschlag zum Start der gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag in einem Saal der Messe Essen signalisieren die beiden Konzernchefs: die frühere Rivalität der beiden großen deutschen Energiekonzerne ist vorbei, von nun an soll jeder auf seinem abgesteckten Terrain erfolgreich sein. Eon kümmert sich künftig um die Netze und den Vertrieb (mit künftig 50 Mio. Kunden in ganz Europa), RWE um die konventionelle und erneuerbare Erzeugung.

Das in sehr kurzer Zeit realisierte Geschäft tituliert Eon-Chef Teyssen als einen der "kreativsten Gestaltungsdeals der deutschen Industriegeschichte", die Frage nach der Urheberschaft will er so deutlich dann nicht beantworten: "Ich kann mich immer so schlecht erinnern."

RWE will Eon-Anteilspaket nicht aufstocken

Der komplexe Tausch von Geschäftsfeldern sieht im Kern vor, dass Eon die RWE-Tochter Innogy komplett übernimmt und im Gegenzug RWE mit 17 Prozent am eigenen Unternehmen beteiligt wird. Eon behält das lukrative Netzgeschäft und den Stromvertrieb von Innogy, während die erneuerbaren Energien beider Konzerne unter dem Dach von RWE vereint werden.

Das 17-Prozent-Paket an Eon sei für RWE eine "reine Finanzbeteiligung", erklärt RWE-Chef Schmitz. "Wir haben weder Geld noch den Willen, den Anteil aufzustocken", so Schmitz. Auch darf das Paket nicht an einen Wettbewerber weiter veräußert werden. RWE bekommt einen Sitz im Eon-Aufsichtsrat, wer dort Platz nimmt, wird offen gelassen.

„Beste Lösung für nachhaltige Beschäftigung in Deutschland“

Die milliardenschwere Transaktion soll bis Ende 2019 abgeschlossen werden. Eon erwartet Einspareffekte von 600 bis 800 Mio. Euro pro Jahr ab 2022. Nach ersten Berechnungen sollen dabei 5000 der dann insgesamt deutlich über 70 000 Arbeitsplätze bei der neuen Eon wegfallen. 

Zur dennoch positiven Reaktion der Gewerkschaften erklärt Teyssen: "Die Betriebsräte haben verstanden, dass diese Lösung die beste ist für eine nachhaltige Beschäftigung in Deutschland." Eon wolle wie schon in der Vergangenheit "kreative Lösungen" mit den Betriebsräten finden. "Wir haben bis heute noch nie betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen."

Teyssen: Kooperationen mit Stadtwerken ein hohes Gut

Die Frage, ob sich Eon im Zuge der Innogy-Übernahme von Stadtwerke-Beteiligungen trennen will, lässt der Vorstandschef offen. "Die Kooperationen mit Stadtwerken ist für uns ein hohes Gut", sagt Teyssen. Daran werde nicht gerüttelt. Ein entscheidendes Element der künftigen Strategie von Eon sei zudem die technologische Weiterentwicklung der Verteilnetze. Die örtlichen Netze gehörten in den nächsten Dekaden neben den erneuerbaren Energien weltweit zu den am stärksten wachsenden Segmenten der Energiewirtschaft.

"Verteilnetze werden immer wieder unterschätzt", so Teyssen. In den kommenden Jahren würden digitale Plattformen auf die Verteilnetze gesetzt, die eine Basis für neue Produkte, ob im Bereich Smart Home, Elektromobilität oder dezentraler Energiehandel darstellten. Eon sei hier bei den Verteilnetzen sowohl in den ländlichen Räumen als auch in den Ballungszentren gut aufgestellt. "Ich wäre stolz darauf, wenn irgendwann gesagt wird, Eon ist das größte Stadtwerk", erklärt der Vorstandschef.

RWE wird Nummer Drei bei Erneuerbaren in Europa

Die neue Eon käme auf pro-Forma-Basis auf ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 8 Mrd. Euro. Der Konzern in seiner jetzigen Aufstellung weist für 2017 knapp 5 Mrd. Euro aus. Der Anteil des regulierten Netzgeschäfts wird von 65 auf 80 Prozent steigen, wie Eon-Finanzchef Marc Spieker sagt. Durch den Umbau werde Eon die Ergebnisdelle aufgrund der ab 2022 endgültig wegfallenden Kernkraft "überkompensieren" können.

RWE wird durch die Integration des Erneuerbaren-Portfolios von Eon und Innogy "auf einen Schlag zur Nummer Drei in Europa im Geschäft mit erneuerbaren Energie zu einem attraktiven Preis", wie RWE-Chef Schmitz es formuliert. Der Konzern verfügt dann über CO2-freie Erzeugungskapazitäten von rund 8 GW aus Wind Offshore und Onshore sowie Wasser und Photovoltaik. Angesichts des schrittweisen Hineinwachsens der Erneuerbaren in den Wettbewerbsmarkt, sei eine schlagkräftige Größe "erfolgsentscheidend", betont Schmitz.

Operatives Ergebnis bei RWE soll sich verdoppeln

Und auch RWE will die Gewinne nach oben schrauben. Das Ebitda des Konzerns (ohne den Innogy-Beitrag) werde sich mit dem Abschluss der Transaktion fast verdoppeln, sagt RWE-Finanzchef Markus Krebber. 2017 hatte der Konzern ohne Innogy ein um Sondereffekte bereinigtes Ebitda von 2,1 Mrd. Euro erzielt. Ab dem Jahr 2020 sollen dann die erneuerbaren Energien rund 60 Prozent zum Ebitda beitragen und das konventionelle Geschäft und der Energiehandel 30 Prozent. Die restlichen 10 Prozent kommen aus den Minderheitsbeteiligungen. (hil)