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Verbraucherzentralen fordern Maßnahmen gegen Stromschulden

Preissteigerungen für Energie treffen Haushalte mit geringem Einkommen unverhältnismäßig stark. Das zeigt eine neue Analyse. Vor allem die Politik wird jetzt in die Pflicht genommen.
01.12.2021

Die Stichprobe der Verbraucherzentralen hat auch ergeben, dass nur 61 Prozent der Haushalte, die Sozialleistungen beziehen, von den Sozialbehörden einen Zuschuss für die Nutzung elektrischer Durchlauferhitzer erhalten.

Die aktuell sehr hohen Gas- und Strompreise treffen Haushalte mit geringem Einkommen unverhältnismäßig stark. Viele dieser Verbraucher:innen müssen mit Strom heizen und ihr Warmwasser elektrisch erzeugen. Wenn solche Mehrkosten nicht vollständig von Sozialleistungsträgern übernommen werden, verschärft das die Situation noch weiter.

Das zeigt eine Analyse der spezialisierten Energieschuldenberatung der Verbraucherzentralen Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Dort finden Menschen Unterstützung, die Energiezahlungen nicht mehr bewältigen können und bei denen Energiesperren durchgeführt oder angedroht wurden.

Viele Betroffene heizen mit Strom und nutzen Durchlauferhitzer

Über einen Zeitraum von sechs Monaten wurden bis April 2021 Daten aus Haushalten mit Stromschulden ausgewertet. Unter den Hilfesuchenden waren besonders viele Familien mit Kindern oder Alleinerziehende. Die Verbraucherzentralen sehen in verschiedenen Bereichen Handlungsbedarf.

"Mehr als jeder zehnte Betroffene, der in unsere Energieschuldenberatungen kommt, heizt mit Strom. Über die Hälfte der Haushalte nutzen Durchlauferhitzer oder Boiler für die Wassererwärmung", erläutert Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. "Damit die Anzahl derjenigen Haushalte, die von Energiesperren bedroht sind, gerade im Winter nicht weiter ansteigt, fordern wir kurzfristig eine angemessene Erhöhung der Regelsätze für Energiekosten."

Mehrkosten für Strom werden häufig nicht übernommen

Die Stichprobe der Verbraucherzentralen habe auch ergeben, dass nur 61 Prozent der Haushalte, die Sozialleistungen beziehen, von den Sozialbehörden einen Zuschuss für die Nutzung elektrischer Durchlauferhitzer erhalten. Bei elektrischen Heizkosten erfolge eine vollständige Übernahme sogar nur bei 41 Prozent. "Dabei haben Betroffene schon jetzt einen Anspruch auf eine solche Unterstützung", stellt Dörte Elß, Vorstand der Verbraucherzentrale Berlin, klar.

"Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass schon vor den aktuellen Energiepreissteigerungen die Regel- und Mehrbedarfe zur Haushaltsenergie und Warmwasserbereitung für Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, nicht ausreichend waren. Hier besteht dringender Handlungsbedarf."

Die Untersuchung habe zudem offenbart, dass viele ihren Anspruch auf einen Zuschuss der Sozialbehörde nicht kennen oder sich gar nicht bewusst sind, dass ihre Warmwasserversorgung über Strom läuft. Die Verbraucherzentralen zeigen sich daher einig, dass es unbedingt notwendig sei, dass die Art der Heizung und Warmwasserversorgung schon beim Antrag auf Sozialleistungen zwingend erfasst und automatisch berücksichtigt wird. Und das bundesweit einheitlich, denn die Analyse zeige, dass kommunale Sozialbehörden hier bislang unterschiedlich vorgingen.

"Kluge Wege finden, um Wohnungen im unteren Preissegment energetisch zu sanieren"

Es werden aber auch nachhaltige Maßnahmen gefordert: Die Beheizung mit Strom ist besonders teuer, wenn die Häuser in einem problematischen Zustand sind. Dazu Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: "Es muss ein kluger, aber auch schneller Weg gefunden werden, Wohnungen im unteren Preissegment energetisch zu sanieren." Dabei dürften weder Vermieter finanziell überfordert, noch günstiger Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen verdrängt werden. (hoe)