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„Wildes“ oder „echtes“ Homeoffice?

Die Meinungen darüber, wer für die Ausstattung des heimischen Arbeitsplatzes zuständig ist, gehen zwischen Vertretern von Arbeitgebern und von Arbeitnehmern auseinander.
17.11.2020

Gewerkschaftsvertreter betonen, dass die Beschäftigten jederzeit die Möglichkeit haben sollten, in den Betrieb zurückzukommen.

Die Corona-Krise hat ganze Heerscharen von Berufstätigen ins Homeoffice getrieben. Wohl nie zuvor haben so viele Menschen ihren Job vom heimischen Schreibtisch oder notfalls auch vom Küchentisch aus erledigt. Doch welche Zukunft hat das mobile Arbeiten, wenn irgendwann einmal wieder etwas mehr Normalität in den Alltag einzieht? Ist der losgetretene Trend wieder rückgängig zu machen? Und ist das überhaupt gewollt? Bei den Antworten darauf zeigen sich bei Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern bemerkenswerte Übereinstimmungen – aber nicht in allen Fragen.

«Die Unternehmen haben in der Corona-Krise überall dort auf mobiles Arbeiten gesetzt, wo es möglich war», erklärt Karsten Tacke, Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU). Während der Schul- und Kitaschließungen sei dies ein großer Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewesen. «Die Erfahrungen waren vielerorts so positiv, dass Beschäftigte und Arbeitgeber gleichermaßen daran festhalten werden. Allerdings haben die Erfahrungen auch sachliche und persönliche Grenzen aufgezeigt», sagt Tacke.

Möbel und Technik vom Betrieb?

Der DGB-Rheinland-Pfalz/Saarland unterscheidet zwischen «wildem» und «echtem» Homeoffice, der sogenannten Telearbeit. Während Beschäftigte im «echten» Homeoffice beispielsweise Anspruch darauf hätten, dass ihnen die notwendigen Möbel und Technik vom Chef gestellt werden, sei im «wilden» Homeoffice so gut wie nichts rechtlich geregelt. «Das ist eine unhaltbare Situation, in der nach wie vor die meisten Beschäftigten arbeiten, wenn landläufig von Homeoffice gesprochen wird», kritisiert der DGB-Landesvorsitzende Dietmar Muscheid.

«Wo es für den Mitarbeiter und das Unternehmen passt, wird sich mobiles Arbeiten auf Dauer etablieren», ist Tacke überzeugt. Die Entscheidung darüber «gehört in den Betrieb, nicht ins Gesetz», betont der LVU-Geschäftsführer. Abgesehen davon habe sich in der Krise gezeigt, dass sinnvolles mobiles Arbeiten wegen schlechter Netzabdeckung teilweise nicht möglich gewesen sei. «Darum sollte sich die Politik vorrangig kümmern», verlangt er.

Nein zu gesetzlicher Regelung

Ein Eingreifen der Politik beim Thema Homeoffice lehnt der LVU ab. «Wo es möglich und sinnvoll ist, wird mobiles Arbeiten einvernehmlich umgesetzt», sagt Tacke. «Wo nötig, wird mobiles Arbeiten von Tarifverträgen geregelt. Die liefern passgenaue Lösungen, in die der Gesetzgeber nicht eingreifen darf.» Die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in die Diskussion eingebrachte Idee eines gesetzlich verankerten Rechts auf Homeoffice lehnt der Verband entschieden ab.

Der DGB ist ebenfalls der Ansicht, dass mobiles Arbeiten auch in einer Zeit nach Corona Chancen bietet. Dafür müssten aber die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, die einen wirksamen Arbeits-, Gesundheits- und Datenschutz gewährleisten. «Wichtig ist auch, dass die Beschäftigten auf freiwilliger Basis von zu Hause aus arbeiten und jederzeit in den Betrieb zurückkommen können», sagt Muscheid.

24 Tage im Jahr sind „zu wenig“

Der Arbeitgeber muss nach Ansicht des DGB für die passende Ausstattung des Homeoffice sorgen. Wichtig sei zudem eine sichere Verarbeitung der anfallenden Daten und der Schutz vor einer Entgrenzung der Arbeitszeit: «Bis wann muss ich Mails beantworten? Wie lange darf mein Chef mich anrufen?», zählt Muscheid auf.

Solange es keine klaren rechtlichen Regelungen gebe, empfiehlt der DGB, dies in Form von Betriebsvereinbarungen festzulegen. Der DGB begrüße es, dass Minister Heil einen gesetzlichen Rahmen fürs mobile Arbeiten schaffen wolle, denn der sei notwendig. Der geplante Rechtsanspruch von 24 Tagen im Jahr sei aber zu wenig, bemängelt Muscheid. (dpa/hp)