Wasser

Kabelanbindung für Hochsee-Windparks: Inseln fürchten um Trinkwasser

Um Strom von Offshore-Windparks aus der Nordsee an Land zu bringen, sollen Kabeltrassen unter zwei ostfriesischen Inseln verlegt werden. Dabei könnten die Süßwasser-Vorkommen beeinträchtigt werden, befürchten die Gemeinden.
26.04.2021

Blick von Baltrum auf Langeoog.

 

Die ostfriesischen Inseln Langeoog und Baltrum machen sich angesichts der Planungen neuer Stromtrassen für Offshore-Windparks Sorgen um ihr Trinkwasser. Sie verfügen über unterirdische Süßwasservorkommen, über die Trinkwasser gefördert wird.

Künftige Bohrungen für Stromkabel, die die Netzbetreiber Tennet und Amprion unterhalb der beiden Inseln sowie durch das Wattenmeer zum Festland legen wollen, könnten die Wasserlinsen beschädigen, so die Befürchtungen der Inselgemeinden. Die Stromleitungen werden benötigt, da die Offshore-Windenergie künftig eine größere Rolle bei der Energiewende spielen soll. Das bisherige Ausbauziel wurde von 15 Gigawatt Leistung auf 20 Gigawatt bis 2030 angehoben.

Details zu "Seetrassen 2030" fehlen

Nach Angaben von Langeoogs Bürgermeisterin Heike Horn (parteilos) lägen in dem laufenden Raumordnungsverfahren «Seetrassen 2030» keine detaillierte Informationen etwa zu den Bohrungen vor. Weil diese Unterlagen fehlen, sei nicht ersichtlich, „wo die Bohrungen die Süßwasserlinsen queren sollen. Das möchten wir wissen.» Für Langeoog sei die Linse ein unverzichtbares Naturgut.

Die Süßwasserlinsen bilden sich durch Regen, der im sandigen Inselboden versickert. Das Süßwasser schwimmt dabei wie ein Fettauge auf dem Salzwasser, das die Inseln umgibt. Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) schöpft dieses Süßwasser in Brunnen ab und bereitet es zu Trinkwasser auf. Auf Langeoog reicht das Vorkommen aus, um den ganzen Wasserbedarf zu decken. Baltrum dagegen wird über eine Leitung vom Festland aus versorgt, doch auch dort gibt es Brunnen, etwa für Notfälle.

Viele Stellungnahmen

Baltrums Bürgermeister Harm Olchers (parteilos) sagte: «Wir haben auch starke Bedenken wegen der Süßwasserlinse.» Zudem fürchten die Inseln, dass die Bauarbeiten auch Folgen für den Inseltourismus und die Infrastruktur haben könnten. Grundsätzlich, betont Olchers, stünde man aber hinter der Energiewende und den Offshore-Anbindungen. Es sollten aber alternative Korridore geprüft werden – auch deshalb reichten die Inseln nun Stellungnahmen in dem Verfahren ein.

Insgesamt sind nach Angaben des Amtes für regionale Landesentwicklung Weser-Ems nun gut ein Dutzend Stellungnahmen von Behörden und rund 200 Einsendungen von Privatpersonen eingegangen. Dabei geht es neben den Süßwasserlinsen auch um Belange der Fischerei und des Tourismus sowie um Bodendenkmäler im Wattenmeer. Das Raumordnungsverfahren für die Korridore soll bis Ende 2021 abgeschlossen sein. Erst danach folgt ein Planfeststellungsverfahren für die einzelnen Stromkabel.

Spezielles Bohrverfahren

Tennet teilte auf Anfrage mit, dass es sich bei dem vorgeschlagenen Horizontalspül-Bohrverfahren um ein sicheres und seit Jahren standardisiertes Verfahren handle. «Durch die Bautätigkeiten, die im Raum Langeoog nach jetzigem Stand voraussichtlich nicht vor 2030 beginnen, werden keine negativen Einwirkungen auf das Trinkwasser zu erwarten sein», teilte das Unternehmen mit. Demnach habe die Bohrspülung eine abdichtende Wirkung, die einen Austausch zwischen der Süßwasserlinse und dem Meerwasser während der Bohrung verhindere.

Die Inseln sollen durch Bohrungen in einem Zug – also vom Watt auf der Südseite bis an den Nordstrand – gequert werden sollen. Baustellen auf den Inseln soll es nicht geben. «Die autofreie Insel Langeoog schonen wir auf diesem Wege ganz bewusst. Dasselbe gilt auch für Baltrum», teilte Tennet mit. Die Baustellen im Watt und am Strand seien über das Wasser zugänglich. (dpa/hp)