Breitband

Telekommunikation: Open-Access-Schnittstellen im Kommen

Open-Access-Schnittstellen vermeiden Doppel- oder Mehrfachausbau bei Lichtwellenleiter. Die Telekommunikationsanbieter können damit "in einer Sprache" kommunizieren. Inzwischen gibt es rund 200 Zertifizierungen dazu.
15.03.2018

Kein Anschluss unter dieser Nummer: Standardisierte Kommunikation ist unerlässlich beim Glasfaserausbau

Laut den beiden Telekommunikations-Verbänden Buglas und VATM entwickeln sich Open-Access-Kooperationen zunehmend erfolgreicher. Beide Verbände unterstützen seit November 2011 maßgeblich standardisierte Open-Access-Schnittstellen im Glasfaserbereich. Dabei handelt es sich um einen Programmcode, den beide Partner installiert haben und der miteinander kommuniziert. Es gibt dabei zwei Schnittstellen

  • S/PRI bietet die Möglichkeit, glasfaserbasierte Vorleistungsprodukte bei Kooperationspartnern anzufragen und zu buchen. Darüber hinaus kann darüber auch die automatisierte Abwicklung aller wesentlichen Geschäftsprozesse wie Neubereitstellung, Anbieterwechsel, Leistungsänderungen oder Entstörung laufen. Rund 20 Unternehmen nutzen diese Branchenlösung bereits. Wilhelm.tel, M-Net, Netcologne, R-Kom und die Deutsche Glasfaser arbeiten darüber zum Teil bereits seit mehreren Jahren mit 1&1, Vodafone oder Telefónica und der Tochter der Deutschen Telekom Congstar zusammen.
  • Die Anbieterwechsel-Schnittstelle WBCI dient zur Vorabstimmung.


Funktionsweise

Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM erklärt: "Die Unternehmen benötigen diese Schnittstellen, wenn Kunden auf ein Glasfasernetz aufgeschaltet werden sollen." Der Prozess sei sehr komplex, da eine Umschaltung häufig physikalisch erfolge und Termine abgestimmt werden müssen. Bestellungen und Abrechnungen erfordern einen elektronischen Impuls und müssen "eine Sprache sprechen". Die Schnittstellen beschreiben diese gemeinsame Sprache, damit sie von allen Unternehmen genutzt werden können. "Wer die Sprache gelernt hat, bekommt ein Zertifikat, damit sich alle anderen Marktteilnehmer genau darauf verlassen können und der Kundenservice auch reibungslos klappt", so Grützner.

Der VATM, beziehungsweise seine Mitgliedsunternehmen, würden Anbietern und Nachfragern gleichermaßen  helfen, diese Sprache zu lernen und aus der eigenen Sprache der Unternehmen zu übersetzen – sozusagen als Dolmetscher. "Alles was die Unternehmen brauchen, damit die Verständigung der extrem unterschiedlichen IT-Systeme klappt, erhalten sie ohne weitere entgeltliche Verträge." Die Zertifkate sind für andere Unternehmen sichtbar und sozusagen ein "Marktplatz" auf dem über die Schnittstellen standardisierte Waren angeboten werden. Über individuelle Abmachungen und vor allem Preise müssen die Unternehmen dann bilateral verhandeln. "Das funktioniert ohne Einkaufsgemeinschaften und ohne weitere kostenpflichte Verträge mit verbändegebundenen 'Marktplätzen' sozusagen als Open-Access-Plattform. Inzwischen gibt es rund 200 Zertifizierungen für beide Schnittstellen.

Vorteile für TK-Anbieter und Kunden

Man habe bewusst eine offene Plattform für den gesamten Markt gewählt, weil diese zentrale Schnittstellen mit der Telekom entwickelt wurde und  daher bewusst auf eine kommerzielle verbandsseitige Nutzung des Marktplatzes verzichtet. "Open-Access-Kooperationen haben das Potenzial, den dringend nötigen Glasfaserausbau bis mindestens in die Gebäude spürbar weiter voranzubringen", sagt Wolfgang Heer, Geschäftsführer des Glasfaser-Verbandes Buglas. Unternehmen, die echte Glasfasernetze ausrollen und betreiben, können mit der Vermarktung von Vorleistungen die Auslastung auf ihren Netzen erhöhen und zusätzliche Deckungsbeiträge erzielen. Nachfragende Telekommunikationsanbieter können ihre Kunden auf  Basis hochleistungsfähiger Vorleistungsprodukte individuell über dedizierte Bandbreiten mit Triple-Play-Angeboten mit Sprache, Internet und Fernsehen in exzellenter Qualität versorgen, ohne selbst in einen parallelen Netzausbau investieren zu müssen, erläutert Heer. Auch Endkunden würden profitieren: "Sie erhalten vom Anbieter ihrer Wahl die jeweils beste verfügbare Leistung", so die beiden Geschäftsführer. Zudem lasse sich so unsinniger Doppel- oder Mehrfachausbau vermeiden. (sg)