Strom

Erstmals kein Ausbau der Offshore-Windenergie

Der Standort Deutschland droht zu verlieren. Was die Gründe für die Stagnation sind. Und was die Branchenorganisationen als Gegenmaßnahmen vorschlagen.
15.07.2021

Höhere Ausbauziele für Windenergie auf See fordern die Offshore-Wind-Organisationen.

Erstmals seit mehr als zehn Jahren findet im Jahr 2021 in Deutschland kein Zubau bei der Windenergie auf See statt. Diese Ausbaulücke sei nicht der Ausdruck mangelnden Interesses von Investoren oder fehlender Kraft der Industrie, sondern eine Folge von politischen Entscheidungen, wie die Offshore-Wind-Organisationen mitteilen.

Die Auswirkungen dieser Politik werde für die Offshore-Windindustrie in Deutschland nun sichtbar. Der Entwicklung könne nur entgegengewirkt werden, indem die Ausbauziele für Windenergie auf See angehoben, Fachkräfte gehalten sowie die Ausbaupläne für grünen Wasserstoff konkretisiert werden. Darauf weisen die Branchenorganisationen Bundesverband Windenergie (BWE), Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO), Stiftung Offshore-Windenergie, VDMA Power Systems und die Offshore Windenergie-Agentur (WAB) hin.

Internationale Vorgaben

"Die Offshore-Branche hat das Ausbauziel für das Jahr 2020 erwartungsgemäß erfüllt. Allerdings haben sich bereits einige Marktteilnehmer aus der Offshore-Windbranche verabschiedet oder ihren Standort aus Deutschland ins Ausland verlagert", kommentieren die Branchenorganisationen.

Zurückzuführen sei dies auf die international zunehmenden Vorgaben, die einen Anteil der Wertschöpfung in nationalen Märkten verlangten. Sowie auch auf die fehlende Aussicht auf Offshore-Wind-Bauaktivitäten in Deutschland in diesem Jahr. Die deutsche Politik dürfe nicht länger zusehen. "Es braucht einen zügigen industriepolitischen Impuls", forderten die Organisationen.

Verstetigter Ausbau

Um Deutschlands Technologieführerschaft nicht zu gefährden, soll der Ausbau deshalb neu entfacht und anschließend verstetigt werden. "Ab Mitte und vor allem gegen Ende der Dekade erwartet die Branche einen verstärkten bis sehr starken Zubau. Diesem Ungleichgewicht sollte unbedingt rechtzeitig entgegengesteuert werden", errklärten die Offshore-Wind-Vertreter.

Weiterhin wichtig blieben außerdem beschleunigte Netzausbaumaßnahmen an Land und die bessere Auslastung der Bestandsnetze. Vor dem Hintergrund der durch den Bundestag präzisierten Klimaziele reichten die bisherigen Offshore-Ausbauziele nicht mehr aus. "Es braucht Zielanpassungen für 2030 und 2040", so die Branchenorganisationen weiter.

Marktdesign weiterentwickeln

Daher solle die Politik kurzfristig verfügbare Potenziale nutzen, um den negativen Wertschöpfungs- und Beschäftigungstrend mit Bauaktivitäten, Qualifzierungsmaßnahmen und einer passgenauen Export- und Forschungs-Offensive umzukehren und positiv zu verstetigen. Es geht darum, heute Beschäftigung abzusichern und die Stärken der bundesweit aufgestellten Offshore-Windindustrie auch für bevorstehende Herausforderungen nutzbar zu machen, heißt es.
 
Darüber hinaus soll das Marktdesign für Offshore-Windenergie weiterentwickelt werden, um sowohl Verbraucher als auch Wirtschaft zu entlasten und einen verlässlichen Investitionsrahmen für nationale und internationale Investoren aller Akteursgruppen zu schaffen.

Zusätzliche Flächen für "grünen" Wasserstoff

Für die Ausbauziele für Offshore-Wind in Verbindung mit grünem Wasserstoff bis 2040 müssen nach Ansicht der Branchenorganisationen "schnellstmöglich" zusätzliche Flächen in Nord- und Ostsee definiert werden. Auf den bislang für die Erzeugung auf See vorgesehenen – und bisher nicht per Kabel oder Pipeline angebundenen – Flächen sei eine wirtschaftliche Erzeugung grünen Wasserstoffs nicht möglich.

"Für uns steht fest, dass in der deutschen Nord- und Ostsee Kapazitäten von weit über 50 GW Offshore Wind erforderlich und auch machbar sind. Aktuelle Gutachten sprechen von 54 und 57 GW Ausbaupotenzial."

EEG-Umlagen-Befreiung

Zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie müsse die Politik außerdem eine marktwirtschaftliche Grundlage für grünen Wasserstoff schaffen und diese auch auf europäischer Ebene einfordern. Der Rahmen für die EEG-Umlagebefreiung grünen Stroms bei der Wasserstofferzeugung bildet dafür einen guten Ansatz. Jedoch müssten zusätzliche Schritte folgen.

Dazu zählt etwa ein verbindliches Mengenziel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Offshore-Windenergie und verlässliche Vergabemechanismen. Um den Markthochlauf bei Wasserstoff zu erreichen, ist nach Meinung der Organisationen die Verbindung der Wasserstofferzeugung mit dem Ausbau von Windenergiekapazitäten auf See dringend notwendig. Das neue Klimaneutralitäts-Ziel der Bundesregierung sollte zudem mit konkreten Ausbauzielen für Offshore-Wind und grünen Wasserstoff untermauert werden. (jk)