Strom

Größte Floating-PV in NRW geht in Betrieb

Die Suche nach Standorten für große Solaranlagen ist oft schwierig. Platz für schwimmende Sonnenkraftwerke wäre auf Baggerseen und den gefluteten Braunkohletagebauen. Noch steckt diese Technik in Deutschland aber in den Kinderschuhen.
01.10.2020

Die rund 150 mal 50 Meter große Solaranlage des Kiesproduzenten Hülskens schwimmt auf einem Baggersee.

Solarparks brauchen Platz, der in einem dicht besiedelten Land oft nur schwer zu finden ist. Baggerseen kommen da als Alternative ins Spiel. Während im Nachbarland Niederlande schon zahlreiche solcher Kraftwerke auf dem Wasser im Betrieb sind, steht ihre Nutzung in Deutschland noch am Anfang.

Auf einem Baggersee am Niederrhein wurde am Donnerstag die bislang größte Anlage dieser Art in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Das schwimmende Kraftwerk besteht aus 90 kleinen Pontons, auf denen 2000 Solarmodule montiert sind. Es soll eine Spitzenleistung von 750 kWp erreichen und fast den gesamten Energiebedarf des Sand- und Kiesproduzenten Hülskens decken. Eine ähnlich große Anlage hat Erdgas Südwest seit dem vergangenen Jahr auf einem Baggersee in Baden-Württemberg im Einsatz.

Genehmigungsprozess unklar

Schwimmende Sonnenkraftwerke haben nach Ansicht von Experten eine Reihe von Vorteilen. Es gibt kaum Konflikte mit anderen Nutzungen der Flächen. Eine intensive, ganztägige Sonneneinstrahlung sorgt dafür, dass der Stromertrag höher als bei einer gleich großen Anlage an Land ist. Zudem habe das Wasser einen kühlenden Effekt auf die Module.

Warum gibt es dann erst so wenige schwimmende Photovoltaikanlagen in Deutschland? Die Kosten für schwimmende Solaranlagen seien derzeit noch höher als bei Freiflächenanlagen am Boden, heißt es beim Solarpark-Entwickler Baywa. «Damit können sie nicht in den allgemeinen Solar-Ausschreibungen gegen diese bestehen», sagte ein Unternehmenssprecher. Daneben seien die Genehmigungsprozesse für diese neuen Anlagen in Deutschland unklar. Das bringe Unsicherheiten bei den Genehmigungsbehörden mit sich.

In den Niederlanden boomen Floating-PV-Anlagen

Im Ausland installiert Baywa schwimmende Solarparks, die vielfach größer sind als die Anlagen in Deutschland. In den Niederlanden hat das Unternehmen Anfang des Jahres eine Anlage mit einer Spitzenleistung von mehr als 27 MW errichtet. Rund 73.000 Solarmodule sind dort verbaut worden – 36 Mal so viele wie in Weeze. In Deutschland plant derzeit Erdgas Südwest die größte Floating-PV. Auf einem Baggersee in Leimersheim sollen noch in diesem Jahr etwa 1,5 MW ans Netz gehen.

Auch der Energieriese RWE, der verstärkt auf grünen Strom setzt, hat das Thema schwimmende Solaranlagen entdeckt. «Das Potenzial für schwimmende Solaranlagen ist groß, und das Thema nimmt weltweit Fahrt auf», sagte ein Sprecherin. RWE prüfe auch in Deutschland derzeit Optionen, «sowohl für Forschungs- als auch kommerzielle Projekte».

Tagebauseen bergen großes Potenzial

Ein erster Vorstoß der Essener war allerdings nicht von Erfolg gekrönt. Im vergangenen Jahr war die damalige RWE-Tochter Innogy in der Stadt Grevenbroich mit der Idee vorstellig geworden, eine Demonstrationsanlage auf dem dortigen Neurather See zu errichten, dem Restsee eines ehemaligen Braunkohletagebaus. Der Umweltausschuss der Stadt ließ sich aber nicht von dem Plan überzeugen.

Tagebauseen gelten als besonders geeignet für schwimmende Solaranlagen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat ermittelt, dass auf den knapp 500 Tagebauseen in Deutschland Solaranlagen mit einer Spitzenleistung von 2,74 GW wirtschaftlich betrieben werden könnten. Die Studie von Anfang des Jahres bezieht sich vor allem auf die Seen in Ostdeutschland. Aber auch im rheinischen Revier gebe es einiges Potenzial, heißt es bei der Energieagentur NRW mit Blick auf die in den Tagebauen Garzweiler und Hambach entstehenden großen Seen. (dpa/lm)