Strom

"In fünf Jahren droht ein siginifikanter Rückbau bei der Windkraft"

"Laufen lernen – die Erneuerbaren nach dem Ende der EEG-Förderung", so lautete der Titel des diesjährigen EDNA-Kamingesprächs. Das Fazit: Gut aufgestellt ist die Photovoltaik, für manches Windrad wird es eng und Biogas wird es sehr schwer haben. Große Chancen bietet die regionale Vermarktung.
23.11.2018

"Ich hoffe, dass die Erneuerbaren das Laufen lernen, denn sonst wären unsere Investitionen in das Netz vergebens gewesen", erklärte Gerd Bock, Vorstand der Überlandzentrale Mainfranken auf dem sechsten Edna-Kamingespräch in Würzburg. Denn während er 2007 noch mit drei Umspannwerken im Netzgebiet auskam, stieg deren Zahl bis heute auf sechs, um all die neuen, kleinen Erzeugungsanlagen ans Netz bekommen zu können.

Diese Erwartung gilt auch für Pascal Lang, Energiemanager im Landkreis Altötting, dem Landkreis mit dem höchsten Energiebedarf pro Einwohner in Deutschland. "Früher sagte man, ein Atomkraftwerk läuft nur für Altötting, heute haben wir aber auch 63 Biogas- sowie 9.000 PV-Anlagen am Netz. Erstere müssen wir im Netz halten, auch wenn es für Biogas schwierig werden könnte". Gute Chancen sehen er und alle Mitdiskutanten für die Photovoltaik. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, könne hier schon jetzt fast zu Marktpreisen Strom erzeugt werden, wobei die Kosten sich in den kommenden Jahren weiter nach unten entwickeln werden. Bei Windkraft sieht es schon schlechter aus. "Viele Anlagenbetreiber lassen derzeit Weiterbetreibungsgutachten anfertigen. Ich gehe davon aus, dass zahlreiche Altanlagen noch bis zu fünf Jahren am Netz bleiben können. Aber danach droht ein signifikanter Rückbau", fasste Thomas Pflanzl, Key Account Manager bei Grünstrom & Windkraft bei der Verbund AG, seine Erwartungen zusammen.

Neues Marktdesign nötig

Für Jens Strüker, Professor an der Hochschule Fresenius, hängt die Zukunft der Erneuerbaren deswegen vor allem von einem komplett neuen Marktdesign ab: "Seit ein paar Jahren hat sich hier rein gar nichts mehr getan. Zwar wird es künftig durch Technologieeinsatz neue Freiheitsgrade geben. Aber ohne eine echte Integration der Erneuerbaren in den Markt wird es nicht gehen", so seine Aussage. Dabei müssen vor allem auch die regionalen Strommärkte im Fokus stehen, sagte Thomas Oppelt, Leiter Lokale und neue Strommärkte der Bayernwerk EON AG. "Wir müssen Wege bereiten, um lokale Energieträger besser vor Ort nutzen zu können. Denn ‘Regional‘ ist das neue ‘Bio‘. Kunden kaufen zunehmend gerne vor Ort, wie etwa im Hofladen um die Ecke oder auf dem Wochenmarkt", so seine Erfahrungen.

Einig waren sich am Ende alle, dass die Erneuerbaren Energien wieder verstärkt in den Fokus der Politik rücken müssten. "Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer", zitierte Gerd Bock den Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry. Nur mit mehr Begeisterung ließen sich die ursprünglich gesteckten Ziele auch tatsächlich erreichen. (sg)