Strom

„Netzdienliches Verbrauchsverhalten darf nicht zu höheren Entgelten führen“

Die Dena legt gemeinsam mit Netzbetreibern, energieintensiven Industrieunternehmen und Verbänden Vorschläge vor, wie das Netzentgeltsystem verbessert werden kann.
31.01.2018

Damit auch nach dem Herunterfahren der Atomkraftwerke in Süddeutschland die Regionen südlich der Mainlinie ausreichend mit Strom versorgt werden, braucht es eine gute Anbindung über Netze, die den im Norden üppig produzierten Strom gen Süden leiten.

Die so genannte Taskforce Netzentgelte will mit ihrem Maßnahmenkatalog ein flexibleres Verbrauchsverhalten der Netznutzer ermöglichen, teilte die Deutsche Energie-Agentur (Dena) am Mittwoch mit. Dazu wurden zwölf Maßnahmen identifiziert, die sich auf Änderungen und Ergänzungen der Stromnetzentgeltverordnung beziehen und sich „relativ kurzfristig“ umsetzen lassen, wie es heißt.

„Die Netzentgelte werden in der weiteren Diskussion um die Finanzierung des Energiesystems eine zentrale Rolle spielen. Bisher beschränkt sich diese zu sehr auf die EEG-Umlage", sagte Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung. Die weitere Diskussion werde nicht einfach, da es noch viele weitere Stakeholder gebe, die dieses Thema betrifft, erklärte der Dena-Chef weiter. Die Diskussion müsse aber in dieser Legislaturperiode geführt werden.

Regelung zur „atypischen Netznutzung“ anpassen

Die Taskforce Netzentgelte fordert, dass netzdienliches Verbrauchsverhalten „grundsätzlich nicht zu höheren Netzentgelten“ führen darf. Dieser Fall könne zum Beispiel eintreten, wenn ein Netznutzer Regelleistung zur Verfügung stelle, also seinen Verbrauch je nach Lage im Netz kurzfristig steigert oder verringert. Komme es durch eine besonders hohe Stromaufnahme zu einer abrechnungsrelevanten Lastspitze werde nach den aktuellen Regelungen ein erhöhtes Netzentgelt fällig. „Das Risiko, dass diese Zusatzkosten die Erträge für die erbrachte Regelleistung übersteigen, wollen viele Netznutzer nicht eingehen. Ihre Flexibilitätspotenziale werden aus diesem Grund nicht genutzt“, heißt es.

Fast die Hälfte der Vorschläge der Tasforce bezieht sich auf die Regelungen zu besonderen Formen der Netznutzung nach Stromnetzentgeltverordnung Paragraf 19 Abs. 2. So sollten etwa die Regelungen zur sogenannten „atypischen Netznutzung" so angepasst werden, dass die Netzbetreiber die Möglichkeit haben, Hochlastzeitfenster zurückzunehmen. Hochlastzeitfenster sind Zeiträume, in denen üblicherweise die höchste Last im Netzgebiet auftritt. Die Netzbetreiber könnten diese Zeitfenster jedoch momentan nur einmal im Jahr festlegen. Netznutzer, die sicherstellen, dass sie während der Hochlastzeitfenster nicht zur Höchstlast beitragen, zahlen dafür nach der aktuellen Regelung ein individuelles, reduziertes Netzentgelt.

Netzbetreiber geben lokaleErneuerbare-Energien-Zeitfenster" aus

Allerdings trete nicht immer während der prognostizierten Hochlastzeitfenster auch tatsächlich eine Hochlastsituation ein. Eine Rücknahme des Hochlastzeitfensters könne deshalb bewirken, dass die atypischen Netznutzer ihre Last nicht reduzieren müssen und ihren wertschöpfenden Produktionsprozess fortsetzen können.

Ebenfalls Handlungsbedarf sieht die Taskforce bei der besseren Nutzung des temporären Erneuerbaren-Angebots. Um die etwa im Fall von Sturmtiefs üblichen Abregelungen zu vermeiden und einen Anreiz für einen höheren Verbrauch in diesen Situationen zu setzen, sollten betroffene Netzbetreiber lokal sogenannte „Erneuerbare-Energien-Zeitfenster" ausgeben können, schlägt die Taskforce vor. Während dieser Zeitfenster könnten Netznutzer im jeweiligen Netzgebiet mehr Energie verbrauchen ohne dass dies für sie zu höheren Netzentgelten führt. Darüber hinaus seien auch neue Ansätze wie die Berücksichtigung der Netzanschlusskapazität in den Netzentgelten oder die Nutzung von Flexibilisierungsmöglichkeiten bei diskontinuierlichen Verbrauchern von den Projektpartnern diskutiert worden.

Insgesamt 19 Unternehmen und Verbände beteiligt

Teilnehmer an der Taskforce Netzentgelte waren insgesamt 19 Unternehmen und Verbände, darunter Amprion, BASF, Bayernwerk, Stromnetz Hamburg und die Thüga. Das Ergebnispapier steht unter www.dena.de/netzentgelte zum Download zur Verfügung. (hil)