Strom

Konzepte, um Stromnetze effizenter auszulasten

Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt InnoSys2030 ist nach drei Jahren beendet. Hier wurden Konzepte zur besseren Auslastung des Stromnetzes entwickelt. Auch ein Umsetzungs-Fahrplan steht schon.
10.02.2022

"InnoSys verband geschickt die Kompetenz der deutschen Netzbetreiber mit den Stärken der Industrie und der Kreativität der Wissenschaft. Diese Mischung ermöglichte eine ganzheitliche Betrachtung des künftigen Engpassmanagements – von der Bestandsaufnahme, der Problem- und Lösungsbeschreibung bis hin zur Erprobung

im Feld", sagte dazu Andreas Kubis, Divisionsleitung Produktentwicklung bei der PSI Software AG

Das Forschungsprojekt „InnoSys 2030“ hat 17 Partner unter einem Dach vereint; nun haben die Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber, Forschungseinrichtungen und Leitsystemhersteller das Projekt abgeschlossen und die Ergebnisse vorgestellt. „InnoSys“ steht für „Innovationen in der Systemführung“ und hat die Frage beleuchtet, welche Konzepte im Netz- und Systembetrieb geeignet sind, zur Umsetzung der Energiewende beizutragen.

Konkret geht es darum: Wie kann das bestehende Netz von 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW noch effizienter ausgelastet werden, ohne die Systemsicherheit zu gefährden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat das Projekt mit fast zehn Millionen Euro gefördert und wird sich weiter engagieren: Staatssekretär Patrick Graichen hat für das BMWK die Schirmherrschaft für den InnoSys-Roadmap-Prozess übernommen.

Wichtige Impulse für die neuen Netz-Herausforderungen

Maarten Abbenhuis, Chief Operating Officer bei Tennet, erklärte dazu: Mit InnoSys 2030 zeigen wir Konzepte auf, wie vorhandene Netzkapazitäten noch besser genutzt werden können. Die Realisierung der Netzbooster ist ein erster wichtiger Schritt – weitere werden folgen. Netzbetreiber, Politik, Hersteller und Forscher müssen an einem Strang ziehen, um die Lösungen aus InnoSys umzusetzen. Hendrik Neumann, Technischer Geschäftsführer bei Amprion ergänzt: Die hierzu notwendigen Konzepte müssen nun im Rahmen des stabilen Netzbetriebs erprobt und umgesetzt werden, um damit den Umbau des Energiesystems zu begleiten. Zur Nutzung der Potenziale bedarf es allerdings rechtlicher und regulatorischer Anpassungen."

Insgesamt wurden dabei sechs Konzepte untersucht, die "eine breite Basis für die Entwicklungen der nächsten Jahre bieten", so Dirk Biermann, Chief Markets & System Operations Officer bei 50Hertz. Michael Jesberger, Chief Operating Officer bei Transnet BW spricht von vielen wichtigen Impulsen, die das Projekt gegeben habe, um die neuen Herausforderungen sinnvoll begegnen zu können. "Die Untersuchungen müssen jetzt über Pilotprojekte datailliert und konsequent vorangetrieben werden – wobei wir auch immer die Resilienz des Systems im Auge behalten.
 

Ergebnisse

Zentrales Ergebnis des Forschungsprojektes: Ein koordinierter Einsatz von kurativen Maßnahmen und leistungsflusssteuernden Betriebsmitteln macht eine höhere Auslastung des Netzes möglich und gewährt gleichzeitig weiter System- und Netzsicherheit. Und: Die Maßnahmen, die im Projekt „InnoSys 2030“ identifiziert wurden, können den notwendigen Netzausbau wirkungsvoll ergänzen und das Stromsystem unterstützen. Den InnoSys-Untersuchungen zufolge können sichtbare Redispatch-Mengen eingespart und so die Kosten für die Engpassbereinigung reduziert werden.
 
Die ExpertInnen haben während des Projekts kurative Systemführungskonzepte entwickelt und deren Wirksamkeit bewertet. Damit diese Konzepte umgesetzt werden können und gleichzeitig die wachsende Komplexität in der Systemführung beherrschbar bleibt, brauche es aber auch neue Tools und Assistenzsysteme für die Systemführung; Automatisierung, Digitalisierung und modernste Leittechnik sind hier entscheidend.

Koordination im europäischen Verbundnetz nötig

Man habe so die Basis für eine innovative präventive und kurative Systemführung gelegt, die kurze Reaktionszeiten erlaube und ergänzend zum Netzausbau Engpässe im Stromnetz eindämme, heißt es. Die neuen Konzepte bedürfen allerdings auch einer intensiven Koordination im europäischen Verbundnetz; dieser Aspekt sei bereits in das Forschungsprojekt eingeflossen.
 
Nach Projektabschluss beginnt nun die Umsetzung. Das soll in drei Entwicklungsstufen geschehen: Zunächst die Pilotierung und Erprobung der Maßnahmen, dann werden die ersten kurativen Potenziale gehoben und schließlich soll das Werkzeug-Set als integrativer Bestandteil in der Systemführung zum standardisierten Einsatz kommen. Diese Innovationen werden nicht nur auf der Spannungsebene des Transportnetzes umgesetzt, sondern auch im Zusammenspiel mit den Verteilnetzbetreibern – etwa zur Nutzung dezentraler Flexibilitäten. Darüber hinaus berücksichtigen die Konzepte auch schon die Integration der Netzbooster sowie die Anforderungen an die künftige Steuerung der Hochspannungs-Gleichstromleitungen.

Frank Schwermer, Geschäftsführer Netztechnik bei Avacon Netz betonte den integralen Ansatz zwischen Übertragungs- und Verteilnetz, den InnoSys 2030 verfolge. Hier würden wichtige Impulse gesetzt, um künftig noch mehr Flexibilität im gesamten Energiesystem zur Verfügung zu stellen.

"Mit über 90 % der angeschlossenen Erzeugungsanlagen aus erneuerbaren Energien bildet das Verteilnetz in der Energiewende eine tragende Rolle. Um diese effizient zu nutzen und dabei die eigene Netz- und Systemsicherheit nicht zu gefährden, ist ein funktionierender, abgestimmter Informations- und Flexibilitätsaustausch zwischen ÜNB und VNB von größter Bedeutung. InnoSys 2030 ist es gelungen, dies für ein hochausgelastetes Stromnetz von morgen zu konzeptionieren. Diese Erkenntnisse sind sehr bedeutsam für das Gelingen der Energiewende", erklärte dazu Dirk Sattur, Technischer Geschäftsführer von Mitnetz Strom.

Weiterer Unterstützungsbedarf nötig

Eine Roadmap skizziert diese nächsten Schritte, aber auch den Unterstützungsbedarf, den das Projektteam sieht. Davon betroffen ist unter anderem eine begleitende Forschung und Produktentwicklung sowie die Anpassung des rechtlichen und regulatorischen Rahmens (beispielsweise schnellere Genehmigungsprozesse). „Dann wird InnoSys zusätzliche Potentiale im Stromnetz heben und die Integration der Erneuerbaren Energien voranbringen“ – so das einhellige Fazit des Projektteams.