Strom

Öko-Institut: „Netzauslastung technologieoffen optimieren“

Der Netzausbau braucht Zeit und kostet Geld, im Zuge der voranschreitenden Energiewende braucht es jedoch kurzfristige Lösungen, um mehr Strom zu transportieren. Das Öko-Institut plädiert hier für moderne Technologien.
26.10.2021

Es muss immer mehr Windstrom von Nord nach Süd transportiert werden, dabei helfen sollen innovative Technologien.

Die Stromübertragungsnetze werden heute im Schnitt nur zu rund 35 Prozent ausgelastet – so gelangt zu wenig Strom aus erneuerbaren Quellen im Norden zu den verbrauchsstarken Gegenden im Süden Deutschlands. Heute bereits ein Problem – vor allem aber in Zukunft, wenn Windparks vor der Küste deutlich mehr Strom produzieren sollen. Der Grund: Im bestehenden Wechselstromnetz lässt sich der Strom ohne weitere Netzelemente nicht steuern. Und ein Engpass im System begrenzt den Leistungsfluss auch auf den benachbarten Leitungen.

Dies ließe sich jedoch durch technische Lösungen, wie sogenannte Phasenschiebertransformatoren ändern, heißt es im Policy Brief des Öko-Instituts. Dabei handelt es sich um große, festinstallierte Transformatoren, die den Lastfluss gezielt steuern. Die Stromflüsse würden gelenkt, das Netz könnte höher ausgelastet werden. Ähnlich arbeiten kleinere, moderne Technologien, sogenannte statisch-synchrone Serienkompensatoren. Ihr Vorteil besteht darin, dass sie auch zur temporären Überbrückung von Netzengpässen eingesetzt werden können, da sie per Lkw bewegt werden können.

Fehlende Bürgerbeteiligung

"Auch ein genaues Monitoring der Witterung kann dazu beitragen, das Stromnetz bei Wind oder in der kühleren Jahreszeit höher auszulasten“, ergänzt Franziska Flachsbarth, Co-Autorin des Briefings und Energieexpertin am Öko-Institut. „Doch den deutschen Netzbetreibern fehlt der ökonomische Anreiz, Technologien zur Höherauslastung des Stromnetzes einzusetzen. Dabei läge hier ein enormes Potenzial, deutlich mehr Strom in bestehenden Stromleitungen zu transportieren.“

Ein weiteres Problem sehen die Expert*innen des Öko-Instituts in der mangelnden Bürgerbeteiligung beim Netzausbau. Um die Situation zu verbessern, sollte mit den aufwendigen Netzberechnungen erst gestartet werden, nachdem die Eingangsdaten öffentlich diskutiert und gegebenenfalls überarbeitet wurden. Die Ergebnisse der Netzberechnungen durch die Übertragungsnetzbetreiber sollten in einer gesonderten Beteiligungsveranstaltung diskutiert werden.

Anwesendheit aller Akteur*innen

Zudem sollten bei Veranstaltungen Entscheidungsträger*innen aller beteiligten Akteur*innen – insbesondere von Bundesnetzagentur und von den Übertragungsnetzbetreibern – anwesend sein. So können Sachverhalte direkt geklärt werden, ohne dass auf abwesende Parteien verwiesen wird, was heute häufig der Fall ist.

„Bürgerinnen und Bürger haben aktuell oft das Gefühl, dass ihre Anmerkungen nicht beachtet werden“, beschreibt Flachsbarth aus eigenen Beobachtungen von Beteiligungsformaten, „dabei kommen sie möglicherweise nur zur falschen Zeit. Doch die Verantwortung, den Ablauf eines Netzplanungsprozesses transparent darzustellen und aufzuzeigen, wann wer wie mitsprechen kann, liegt klar bei dem Gesetzgeber – und dieser muss es für die Übertragungsnetzbetreiber und die Bundesnetzagentur regeln. Hier zeigt unser Vorschlag einfache Möglichkeiten der Verbesserung auf.“ (lm)