Plattformen für bilateralen Handel verbreitern sich
Zwei der neuen, volldigitalisierten Plattformen für den außerbörslichen Handel von Strom und Gas in Deutschland haben in jüngster Zeit Erfolge gemeldet: Tender365 und Enmarket.
Bei Tender365, einer Gründung der EnBW-Konzerngesellschaft GVS und der IT-Schmiede Exxeta, ist die Thüga-Beteiligung Eins Energie in Sachsen seit 5. Oktober wie angekündigt der dritte Gesellschafter. Zur Bedeutung dieser Transaktion schreiben die Tender-Geschäftsführer Frank Sonne und Helmut Kusterer in einer Pressemitteilung von Eins, die Chemnitzer seien ein Partner aus dem Thüga-Verbund, der schon in einer frühen Phase der seit September scharfgeschalteten Plattform Tender365 "die Position der Regionalversorger und Stadtwerke vertritt."
Weitere Gesellschafter vorbehaltlich Gremienbeschluss
"Verhandlungen mit weiteren potentiellen Gesellschaftern stehen kurz vor dem Abschluss beziehungsweise müssen noch von den zuständigen Gremien bestätigt werden," so Tender weiter. Ziel seien fünf bis sechs Miteigentümer bis zum Jahresende. Die GVS hatte immer betont, im Sinne des Plattformgedankens eine neue Rolle als Minderheitsgesellschafter in Kauf zu nehmen. Über die Verteilung der GmbH-Anteile verlautete nichts, sie dürften in dieser Phase aber auch nur Momentaufnahmen sein, wenn noch weitere Unternehmen als Miteigner einsteigen.
Der Kundenkreis von Tender365 ist naturgemäß größer als der Gesellschafterkreis. Ziel ist hier die Zahl 30 bis Jahresende. Neu dabei: die GRTgaz Deutschland, ein unabhängiger Ferngasnetzbetreiber (FNB) des Konzerns Engie. Sie war von der auf Tender365 verlagerten jährlichen Ausschreibung von Treibgas, das den Gastransport unterstützt, so angetan, dass sie insoweit auf der Plattform bleiben will. Ihr Koordinator Jan Meier-Glotzbach lobte das Angebot: "Mit Tender 365 konnten wir die Reichweite unserer Treibgasschreibung erweitern und einen guten Preis erzielen. Die Übersicht und Vergleichsmöglichkeiten der Gebote waren hilfreich, um schnell das wirtschaftlichste Angebot identifizieren zu können." Auch den Zuschlag erteilte GRTgaz erstmals online.
Engie-Tradingarm fünfter Marktmacher bei Enmarket
Enmacc hat derweil auf seiner bilateralen Handelsplattform Enmarket die Basis seiner Marktmacher (Market Maker) verbreitert und bekommt zudem mittelfristig den ersten Marktmacher, der die Strom- und Gasmärkte gleichermaßen bedient. Market Maker sichern als große Handelsteilnehmer die Liquidität eines Handelsplatzes, indem sie für jedes Produkt Gebote reinstellen beziehungsweise jedes Gesuch mit einem Angebot beantworten. Von Donnerstag an fungiert nun Engie Global Markets, die Handelseinheit des französischen Großkonzerns, für Gas als dritter Marktmacher auf Enmarket. "Anfang 2019", so eine Pressemitteilung von Enmacc, wird das Tradingunternehmen diese Rolle auch bei Strom übernehmen.
Bislang sind die Großkonzerne Statkraft und Vattenfall bei Strom Market Maker auf Enmarket, die Gazprom-Tochter Wingas sowie der Konzern OMV für Gas. Für Engie Global Markets ist Enmacc der "perfekte Partner" für ein stärkeres, auch vertriebliches Engagement in Deutschland, so Bernd Dinauer, Head of Power, CO2 Trading and Origination. Das Handelsunternehmen hatte – wie viele B2B-Energieunternehmen mit großem Absatzportfolio – ein eigenes digitales Kundenportal entwickelt. Das Engagement auf Enmarket ersetzt dieses nicht, sondern setzt darauf auf. Umgekehrt sieht Enmacc-Chef Jens Hartmann in Engie Global Markets einen Partner, "mit dem wir auch international expandieren können". (geo)