Strom

Scheitern Erneuerbare am Kannibalisierungseffekt?

Geo-technologisch hätten Wind- und Solaranlagen ohne Probleme das Potenzial, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen – aber rein marktwirtschaftlich wird der Aubau nicht gelingen, so eine neue Aurora-Studie.
20.05.2020

Je mehr Erneuerbare eingespeist werden, umso günstiger wird auch das Strompreisniveau, ein Problem für die Rentabilität der Anlagen.

Deutschland könnte seinen kompletten Strombedarf über Wind, Sonne und Biomasse decken – geografisch-technologisch bestünde sogar das Potenzial, bis 2040 1800 TWh an Strom und damit das Dreifache der benötigten Menge zu produzieren. Zumindest theoretisch, denn rein praktisch steht dieser Hochrechnung die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs im Weg.

Eine neue Studie von Aurora Energy Research zeigt, dass nur etwa 30 bis 40 Prozent des errechneten Potenzials genutzt werden können, denn die sogenannten Kannibalisierungseffekte würden einen weiteren Ausbau unter den heutigen Rahmenbedingungen finanziell unrentabel machen.

Solarerzeugung mehr ausbauen

„Je nach Kapitalkosten würde bei den bestehenden Marktbedingungen nur ein Bruchteil des verfügbaren geo-technischen Potenzials genutzt“, sagt Casimir Lorenz, Projektleiter bei Aurora Energy Research und ergänzt: „Um den marktbasierten Ausbau zu steigern, müsste die Politik daher die Rahmenbedingungen verändern. Eine Stellschraube wäre zum Beispiel der CO2-Preis: Ist dieser höher, steigt das allgemeine Strompreisniveau und damit auch die Einnahmen der Erneuerbaren. Dann lohnt sich wiederum der Neubau von zusätzlichen Anlagen.“

Da der Ausbau der Windenergie an Land durch mangelnde Akzeptanz und die Diskussion um Abstandsregeln praktisch zum Erliegen gekommen ist, ist das Erreichen der Erneuerbaren-Ziele in Gefahr. Eine Lösung für dieses Problem könnte aus Sicht der Studienautoren ein starker Schub bei der Solarstromerzeugung sein.

Auch bei Offshore gibt es Bedarf

Allerdings müssten jedes Jahr 9 bis 11 GW an neuen Photovoltaik-Anlagen dazukommen, um bei einem fortgesetzten Stocken des Onshore-Ausbaus die entstehende Lücke zu schließen und wie angepeilt bis 2030 65 Prozent Erneuerbare zu erreichen. Die Zubaurate bei der Solarenergie müsste sich somit gegenüber 2019 mehr als verdoppeln. Um bis 2050 das Ziel der Treibhausgasneutralität zu erreichen, müsste zusätzlich auch die Offshore-Windenergie deutlich stärker ausgebaut werden – hier wären 50 GW pro Jahr nötig. (ls)