Schleswig-Holstein: 2017 etwa 3000 GWh Strom abgeregelt
Wegen weiter drohender Überlastungen im Stromleitungsnetz sind in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr knapp 3000 GWh Strom aus Erneuerbaren Energien an Land nicht genutzt worden. Das geht nach Angaben des schleswig-holsteinischen Energiewendeministeriums aus aktuell veröffentlichten Zahlen der Bundesnetzagentur hervor. Dies entspricht rund 13 Prozent der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Land, wie das Ministerium weiter mitteilte. Damit seien die Abregelungen für Anlagen an Land um rund zehn Prozent gegenüber dem windschwachen Vorjahr gestiegen.
«Die Netzbetreiber sind in der Pflicht, die Stromnetze bedarfsgerecht auszubauen», sagte Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne). Die Netzengpässe hätten sich mittlerweile zunehmend ins Höchstspannungsnetz verlagert. Abhilfe würden hier absehbar die neuen 380 kV-Leitungen in Schleswig-Holstein schaffen: Die Westküstenleitung ist bereits im Bau, die Mittelachse wird verstärkt und auch die Planung für die Ostküstenleitung schreitet konsequent voran. «Bundesweit hat sich der Netzausbau aber leider erheblich verzögert, etwa bei entscheidenden Großprojekten wie Südlink. Diese Verzögerungen wirken sich auch negativ auf Schleswig-Holstein aus.»
Weiter gestiegene Leistung
Angesichts des windstärkeren Jahres 2017, der weiter gestiegenen installierten Leistungen und der zunehmenden Einspeisungen in die Netze von SH Netz und Tennet erwarten das Energiewendeministerium und die Netzbetreiber eine Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Jahr 2017 von rund 21,6 TWh. Dies ist ein Anstieg um gut zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr 2016. "Damit ist die in die Stromnetze aufgenommene Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien weiter und deutlich angestiegen – ein Indikator dafür, dass Netzausbau- und Netzmanagementmaßnahmen in Schleswig-Holstein zu wirken beginnen", so Habeck.
Der Anteil der Abregelungen aufgrund von Engpässen im Höchstspannungsnetz liegt weiterhin bei über 92 Prozent. "Das unterstreicht noch einmal die Dringlichkeit, die Stromautobahnen in ganz Deutschland weiter auszubauen", ergänzte der Energiewendeminister. Allerdings würde sich die Situation deutlich dramatischer darstellen, wenn in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren nicht so starke Fortschritte beim Netzausbau gemacht worden wären. Mittelfristig sei zu erwarten, dass die zunehmende Verfügbarkeit des Höchstspannungsnetzes den Anteil der abzuregelnden EE-Strommenge maßgeblich beeinflussen wird, so der Minister.
Westküstenleitung bringt Abhilfe
So können beispielsweise entlang der Westküste durch die Inbetriebnahmen von weiteren Abschnitten der Höchstspannungs- und 110-kV-Zubringerleitungen sowie der neuen Höchstspannungsumspannwerke mit Anbindungen des Verteilnetzes in den Bereichen von Heide, Husum, Niebüll und insbesondere in der Mittelachse in der Nähe von Flensburg (Umspannwerk Handewitt) Abregelungen aufgrund von Netzengpässen in Schleswig-Holstein weiter sinken. So wurde im Januar 2018 der erste Abschnitt der Mittelachse von Hamburg/Nord bis Audorf in Betrieb genommen, die Inbetriebnahme des zweiten Abschnitts der Westküstenleitung von Süderdonn bis Heide wird ebenfalls in diesem Jahr erfolgen. Darüber hinaus verbessert TenneT die Übertragungskapazitäten auf der Elbekreuzung 2 und vervierfacht damit deren Transportkapazitäten für Energiewendestrom.
Habeck forderte, dass der Bund und die anderen Bundesländer nachzögen und auch politisch für den Leitungsbau einstehen. «Stromnetzausbau bedeutet, wie nahezu jeder Infrastrukturausbau, zweifelsohne einen Eingriff in die Lebensumwelt. Die Alternative wäre aber, länger Kohle- oder Atomstrom zu produzieren.» (dpa/al)