Strom

Schleswig-Holstein: Studie ermittelt Potenziale der Wasserstoffwirtschaft

Der Kreis Nordfriesland und die Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH) stellten die "Potenzialstudie Wasserstoffwirtschaft" vor. Aber damit Wasserstoff eine stärkere Rolle einnehmen kann, müssen noch Stellschrauben betätigt werden.
07.10.2019

Den grünen Strom effizient zu nutzen: Das ist das Hauptziel der Studie und mit eine Rolle spielen auch Wasserstoffbusse.

Seinen Strombedarf deckt Schleswig-Holstein rechnerisch bereits zu 156 Prozent aus erneuerbaren Energien, im Wärmesektor werden jedoch 14 und im Mobilitäts-Sektor fünf Prozent des Energiebedarfs mit Bioenergie oder grünem Strom gedeckt, zeigt die Studie auf.

"Um die Energiewende zu schaffen, wollen wir unseren grünen Strom effizienter nutzen. Deshalb hat der Kreistag beschlossen, eine Studie über die Potenziale der Wasserstoffwirtschaft in Auftrag zu geben", sagte Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen bei der Vorstellung der genannten Studie, die von IPP ESN Power Engineering aus Kiel ausgearbeitet wurde.

Nicht wettbewerbsfähig

Gasförmiger Wasserstoff – H2– wird bisher meist aus Erdgas gewonnen, kann aber mit Hilfe von Strom auch aus Wasser hergestellt werden. "Solange man keinen Preis für die Klimaschäden bei der Verwendung fossiler Rohstoffe bezahlt, ist grüner Wasserstoff jedoch nicht wettbewerbsfähig. Das zeigt die Studie deutlich", betonte Harrsen.

Laut Studie steht der CO2-Emission von 16 Kilogramm auf 100 Kilometer bei einem Benzin-Pkw einem Kilogramm pro 100 Kilometer bei Wasserstoff aus Grünstrom gegenüber.

Regionale Wertschöpfungsketten

Bei den Anwendungsbereichen von Wasserstoff richtet die Studie den Blick auf das gesamte Schleswig-Holstein mit Fokus auf Nordfriesland. "Zum Beispiel könnten alle Abfallsammelfahrzeuge in Schleswig-Holstein mit Elektrolyse-Wasserstoff aus dem Strom von etwa einem Drittel der Windenergieanlagen betrieben werden, die im Jahr 2020 aus der EEG-Förderung fallen", sagte Jürgen Meereis, Physiker bei IPP ESN und Projektleiter der Studie.

Meereis empfiehlt die Verwendung des Wasserstoffs vor Ort und damit eine regionale Wertschöpfung. Während zum Beispiel in der Unterelbe-Region Wasserstoff als Rohstoff für die chemische Industrie gebraucht werde, biete sich in Nordfriesland neben der Einspeisung ins Gasnetz die Verwendung als Treibstoff für Pkws bis hin zu Fähren oder Abfallsammelfahrzeuge an.

Neues Geschäftsmodell

"Die Herstellung von Wasserstoff per Elektrolyse mit Hilfe von Windstrom kann sich zu einem neuen Geschäftsmodell für Windparkbetreiber entwickeln", erklärt EE.SH-Projektmanagerin Sina Clorius. Sie verweist auf Änderungen im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), das jetzt keine feste Förderung für den eingespeisten Windstrom mehr vorsieht.

Die Studie errechnet unter anderem den aktuellen und perspektivischen Förderbedarf für wasserstoffgestützte Mobilität, unter der Annahme, dass sich fossile Brennstoffe verteuern und alternative Technologien wegen höherer Stückzahlen günstiger werden. Triebwagen könnten dann bereits mit einem Wasserstoff-Herstellungspreis von 5,40 Euro pro Kilogramm fahren. Derzeit liegt er zwischen sechs und neun Euro pro Kilogramm.

Kommunale Fuhrparks benötigen Förderung

Die Studie errechnet - ohne adäquate CO2-Bepreisung - auch in einigen Jahren weiterhin einen Förderbedarf für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Gleichzeitig greift ab 2025 eine EU-Richtlinie, die verbindliche Anteile für Fahrzeuge mit klimaneutralen Antrieben in den Fuhrparks der öffentlichen Hand und öffentlicher Unternehmen vorschreibt.

"Wir sind hier bereits am Ball, weil der Kreis Nordfriesland ein Pilotprojekt mit zwei Wasserstoffbussen unterstützt", sagt Landrat Harrsen und verweist darauf, dass auch die kreiseigene Abfallwirtschaftsgesellschaft an der Anschaffung eines Wasserstoff-Fahrzeugs interessiert sei. "Allein können wir das jedoch finanziell noch nicht stemmen und hoffen auf weitere Förderprogramme des Bundes." (ab)