Startschuss zum endgültigen Verlauf von Suedlink
Der Verlauf der geplanten Stromtrasse Suedlink nimmt Formen an und soll laut Vorschlag nur zu einem kleinen Teil durch Hessen führen. Die Übertragungsnetzbetreiber stellten nun in Berlin den Streckenkorridor vor, den die Nord-Süd-Stromleitung nehmen soll. Dieser Vorschlag werde Ende des Monats der Bundesnetzagentur zur Entscheidung vorgelegt. Der vorgestellte Streckenverlauf sei das Ergebnis umfangreicher Detail-Untersuchungen, berichteten die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW.
Der Erdkabel-Korridor verläuft von Schleswig-Holstein über den Westen Niedersachsens nach Nordhessen und Südthüringen hinüber nach Bayern und Baden-Württemberg. Die Verlaufsvariante, die über eine längere Strecke durch Osthessen geführt hätte, ist aus dem Rennen. "Die Suedlink-Trasse durch Osthessen ist vom Tisch", kommentierte der Fuldaer Bundestagsabgeordnete Michael Brand (CDU) erleichtert am Morgen. Er hatte mit Bundestagskollegen aus Orten entlang der Strecke an einem Gespräch mit den Projekt-Verantwortlichen teilgenommen. Nun führt die Antragsvariante laut Brand nur zu einem kleinen Teil durch Nordhessen und biegt dann nach Osten durch Thüringen ab.
Wer am stärksten betroffen ist
20 Kilometer der Stromtrasse sollen durch Schleswig-Holstein führen, mit 315 Kilometern bekommt Niedersachsen den Plänen zufolge den längsten Teil der Kabel, die überwiegend unterirdisch verlaufen sollen. Durch Hessen sollen 59 Kilometer führen, 78 durch Thüringen, 135 durch Bayern und 97 Kilometer durch Baden-Württemberg. Die Netzbetreiber betonten, sie hätten sich bei der Auswahl an sachlichen Kriterien wie Wasser- und Artenschutz oder auch Baugebieten orientiert, nicht an politischen Wünschen.
Vom 28. Februar an bis Ende März würden nun nacheinander alle fünf Abschnitte der Suedlink-Trasse bei der Bundesnetzagentur beantragt, sagte Brand. Die Bundesnetzagentur wird voraussichtlich Ende 2019 über den tatsächlichen Korridorverlauf entscheiden. Die Planungen sollen bis 2021 abgeschlossen werden, die für die Energiewende wichtige Nord-Süd-Verbindung soll dann bis 2025 gebaut werden.
Streit zwischen Hessen und Thüringen über Verlauf
Die rund 700 Kilometer lange Stromtrasse soll eine "Hauptschlagader" der Energiewende werden. Sie soll Strom aus Windkraft von der Nordsee nach Süddeutschland transportieren und so Ausfälle kompensieren, wenn bis Ende 2022 die verbliebenen Atomkraftwerke vom Netz gehen.
Über den Verlauf der Erdkabel-Leitung gibt es jedoch Streit. Thüringen wehrt sich dagegen, dass die Stromtrasse teilweise durch den Freistaat führen soll. Erfurt favorisiert einen Verlauf an Thüringen vorbei durch Hessen. Vier hessische Landräte meldeten kürzlich dagegen Bedenken an. Die Region sei durch Autobahn, ICE-Trasse, Gaskorridor und eine Salzabwasserleitung schon genug belastet, erklärte Brand. "Diese Überbündelung und größere Raumwiderstände in Osthessen sprechen klar für die jetzt vorgestellte Thüringen-Variante", befand Brand.
Die Vorstandsvorsitzende des Netzbetreibers Tennet, Manon van Beek, sagte laut Mitteilung: "Durch die detaillierten Untersuchungen der möglichen Korridorvarianten haben wir nun einen konkreten Erdkabelkorridor ermittelt, der Mensch und Natur so gering wie möglich belastet. Damit sind wir jetzt auf der Zielgeraden zum tatsächlichen Korridorverlauf von Suedlink."
Wie es weitergeht
Um die Öffentlichkeit zu informieren, veröffentlichten die beiden Netzbetreiber Tennet und TransnetBW bereits vor der Einreichung der Unterlagen bei der Bundesnetzagentur Übersichtskarten zum Vorschlagskorridor im Internet. Zudem informieren die Netzbetreiber die Bürger vom 25. März an vor Ort über den Planungsstand und die nächsten Schritte im Genehmigungsverfahren. Die Bundesnetzagentur werde die Unterlagen nach der Prüfung der Vollständigkeit öffentlich auslegen. Dann werde auch die formelle Beteiligung durch die Behörde starten, erklärten die Netzbetreiber.
Die Investitionen für das Projekt betragen laut Netzbetreibern rund zehn Milliarden Euro. Suedlink besteht aus zwei Baumaßnahmen mit einer Kapazität von jeweils zwei Gigawatt. Die Trasse beginnt in Schleswig-Holstein in Wilster und Brunsbüttel. Endpunkte sind Bergrheinfeld in Bayern und Leingarten/Großgartach in Baden-Württemberg. Das Projekt ist in fünf Abschnitte aufgeteilt. Am Ende dieses Verfahrens legt die Bundesnetzagentur einen 1000 Meter breiten Korridor fest. Erst in dem anschließenden Planfeststellungsverfahren entscheidet die Behörde über den exakten Erdkabel-Verlauf.
Transparente Netzplanung
Lob gab es von den Grünen: "Die heutige Bekanntgabe des Trassenkorridors für Suedlink zeigt: Trotz des energiepolitischen Chaos' der Bundesregierung kommt die Energiewende voran", sagte Ingrid Nestle, die Sprecherin für Energiewirtschaft. Der nächste Schritt im Planungsverfahren sei nun abgearbeitet. "Es ist gut, dass die Bürgerbeteiligung anders als bislang wirklich so früh stattfindet, dass die Planungen noch im Fluss sind und neue Fakten neue Ergebnisse produzieren. Diese Form der transparenten Netzplanung haben wir Grünen immer gefordert, da sie die Akzeptanz der Energiewende stärkt", so Nestle. Sie forderte die Bundesregierung auf, klarzustellen, dass es bei der einmaligen Vergütung für Grundstückseigentümer bleibe. "Ein Beschleunigungszuschlag ist in Ordnung, aber die unhaltbaren Andeutungen von Minister Altmaier zur wiederkehrenden Vergütung behindern den Netzausbau erheblich", bekräftigte Nestle. (dpa/sg)