Strom

Strom- und Gashändler kritisieren Gesetzentwurf zum Netzausbau

Die strikte europäische Regelung, wonach die Erzeugung von Energie und die Netze zur verteilung in unterschiedlicher Hand sein sollen, könnte bedroht sein. Das jedenfalls liest der EFET aus dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung.
03.04.2019

„Mit Sorge“ verfolgt der Verband Deutscher Gas- und Stromhändler (EFET) das am Dienstag gefällte Votum des Wirtschaftsausschusses im Bundestag zum Netzausbeschleunigungsgesetz (NABEG), so ließ der Verband verlauten. Quasi in allerletzter Minute sei der Text auf Druck der Netzbetreiber nun mit einem Passus versehen worden, der die Planung von Speicher- und Power-To-Gas-Anlagen als Teil des Netzes durch sie – also durch die Netzbetreiber selbst – unbegrenzt möglich macht.

Der aktuelle Text, der morgen in zweiter und dritter Lesung im Bundestag verabschiedet werden soll, sieht erstmals die Möglichkeit vor, dass Netzbetreiber für Anlagen ab 50 MW Batteriespeicher und Power-to-Gas-Anlagen als Netzanlage unter Landesrecht planen können. Dies führt nach Ansicht von EFET Deutschland faktisch zu einer Aushebelung des europäischen Unbundling-Prinzips – und schrittweise zur Verabschiedung vom EU-Binnenmarkt.

Zum Nachteil der Bürger

„Die Zeche dafür werden die Bundesbürger und Unternehmen über steigende Netzentgelte bezahlen, ohne dass für die Projekte eine Plausibilisierung der Wirtschaftlichkeit erfolgt.“, so Barbara Lempp, Geschäftsführerin von EFET Deutschland. Lempp zeigte sich erschrocken darüber, dass die Politik zwar aller Orten das Unbundling-Prinzip predige, aber die Ausschussabstimmung zum NABEG „eine völlig andere Sprache spreche“. Beim Unbundling geht es um die strikte Trennung von den Netzen einerseits sowie dem Bereich der Erzeugung und Vertrieb andererseits.

Die Regelung im Gesetz, nach der Netzbetreiber nicht zwingend die Vorhabenträger der Planung sein müssen, hält Lempp für eine Finte. Ein komplexes Verfahren zur Planfeststellung diene jedenfalls keinem Anlagenbetreiber zur „Vorhabenerleichterung“. Die Geschäftsführerin weiter: „Wenn es in Deutschland nicht gewollt ist, dass Netzbetreiber netzferne Speicher- oder Energiekopplungsanlagen betreiben, dann muss das auch gesetzlich klar und deutlich geregelt werden.

Komplexe technische Materie

Die EFET kritisiert, dass der ÜNB als Betreiber der Anlage faktisch zum Energiehändler wird, indem er dem Stromnetz Strom entnimmt und Wasserstoff bzw. nach einem weiteren Wandlungsschritt ggf. synthetisches Methan wiederum in das Erdgasnetz einspeist oder einem lokalen Verbrauch im Sinne einer kommerziellen Anwendung zuführt. Eine PtG-Anlage hat damit Einfluss auf den Strompreis und verringert so den Wert von mehreren anderen flexiblen Anlagen inklusive Batterien und Nachfrageflexibilität und verschlechtert das Investitionsklima für solche andere Anlagen.

Dieser unerwünschte Einfluss tritt auf unabhängig davon, ob die Kapazität der PtG-Anlage von den ÜNB benutzt wird oder ob diese Kapazität, z.B. über eine Auktion, von Marktteilnehmern beschafft und dann benutzt wird. Unter beiden Gesichtspunkten möchte EFET den Bau, Betrieb und das Eigentum von PtG-Anlagen durch ÜNB und FNB verhindern. Der Verband kritisiert: Eine Verbrauchsflexibilität, die heute vorhanden ist, werde faktisch in den regulierten Netzbereich überführt. (sig)