Strom

Nach AKW-Aus: Stromimporte im Mai auf ungewöhnlich hohem Niveau

Laut der Datenplattform Energy-Charts wurde deutlich mehr Strom im- als exportiert. Anders stellte sich die Lage in Frankreich dar.
05.06.2023

Den zweiten Monat in Folge wurde mehr Strom nach Deutschland im- als exportiert.

Im Mai wurden 3,6 TWh mehr Strom nach Deutschland im- als exportiert. Dies geht aus Daten der europäischen Netzbetreibervereinigung Entso-E hervor, die die Fraunhofer-Plattform Energy-Charts auf ihrer Website aufbereitet hat.

Demnach rutschte das Saldo den zweiten Monat in Folge ins Minus. Zuvor hatte Deutschland 20 Monate am Stück mehr Strom ins Ausland verkauft als von dort bezogen. Die Daten beziehen sich auf den grenzüberschreitenden Stromhandel, nicht auf die physikalischen Stromflüsse.

Solarenergie auf Platz eins

Mitte April dieses Jahres waren mit Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 die letzten drei deutschen Kernkraftwerke vom Netz gegangen. Sie hatten im vergangenen Jahr durchschnittlich 2,7 TWh Strom pro Monat erzeugt.

Im Vergleich zum Vorjahresmai sank die Stromproduktion deutscher Kraftwerke von 38 TWh auf 32 TWh (öffentliche Nettostromerzeugung). Zugleich stieg der Erneuerbaren-Anteil leicht von 21 auf 22 TWh. Unter allen Erzeugungstechnologien landete dabei die Solarenergie mit einem Ertrag von 8,2 TWh auf Platz eins.

Ungewöhnlich viel Stromimporte

Dass Deutschland in den warmen Sommermonaten ein negatives Saldo aufweist, ist nicht unüblich. Ungewöhnlich ist jedoch, dass das Minus so hoch ausfällt.

Nach Energy-Charts-Angaben wurde seit 2015 in drei von neun Maimonaten mehr Strom im- als exportiert. Der bis dato höchste Nettostromimport ereignete sich im Coronajahr 2020, als die Strompreise sehr niedrig waren. Damals wurden netto 2,1 TWh importiert.

CO2-Preise bleiben hoch

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind auch im Mai dieses Jahres die Strompreise wieder deutlich zurückgegangen, im monatlichen Day-Ahead-Durchschnitt von 178 auf 82 Euro pro MWh. Zugleich blieben die CO2-Preise (Day-Ahead) im Jahresvergleich mit rund 84 Euro pro Tonne praktisch unverändert. Je höher die CO2-Preise sind, desto unwirtschaftlicher werden fossile Kraftwerke, die weiterhin Deutschlands Rückgrat bilden.

"In Deutschland gibt es ausreichend Kraftwerkskapazität, um Strom selbst zu produzieren", ordnete Bruno Burger, Gründer der Energy-Charts und Professor am Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme (ISE), die frischen Zahlen ein. Zudem seien die meisten Importe im Mai von Ländern mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien gekommen.

Dänemark Spitzenreiter

Dies gilt etwa für den Spitzenreiter Dänemark (Nettoimport von 1,1 TWh) sowie für Norwegen (0,4 TWh), Nummer vier im Ranking. Die zweitmeisten Stromimporte hingegen kamen aus Frankreich (1,0 TWh), das überwiegend auf Kernkraft setzt. Die drittplatzierten Niederlande setzen insbesondere auf Gas- und Kohlekraftwerke.

Nach einem Seuchenjahr für den französischen Kraftwerkspark mit ungewöhnlich vielen technischen Ausfällen hat sich das Land links des Rheins 2023 wieder deutlich erholt. Insgesamt exportierte Frankreich im Mai 7,4 TWh Strom netto ins Ausland – und damit so viel wie seit August 2021 nicht mehr. (aba)

Hinweis: Grundlage der genannten Zahlen ist die Fraunhofer-Plattform Energy-Charts. Die Daten für Mai 2023 sind vorläufig und können sich noch leicht ändern.  Weitere Zahlen und Grafiken zu den deutschen Energiemärkten finden Sie hier im ZfK-Datenraum, der in Zusammenarbeit mit dem Berliner Analysehaus Energy Brainpool erstellt wird.