Strom

SW Rüsselsheim werden teurerer Grundversorger

Bekanntlich werden die Stadtwerke Rüsselsheim Eprimo demnächst auch bei Strom als lokalen Marktführer ablösen. Zu Beginn erhöhen sie den Grundversorgungstarif um mehr als 16 Prozent. Wie sie dies begründen.
27.11.2018

Ein Photovoltaik-Mieterstromprojekt der Stadtwerke Rüsselsheim. Die Erhöhung des Strom-Grundversorgungstarifs zum 1. Januar 2019 bezieht sich nicht auf das Mieterstrom-Modell.

Es kommt selten vor, dass ein Strom- oder Gasversorger einem anderen in einem Netzgebiet die Marktführerschaft bei Haushalten und Kleingewerbe abnimmt. In Andernach am Rhein werden die dortigen Stadtwerke zum Jahreswechsel Gas-Grundversorger – nach fünf Jahren Vertriebstätigkeit. Ihre Kollegen in Rüsselsheim, genauer: die Stadtwerke-Tochter Energieversorgung Rüsselsheim, sind es traditionell bei Gas – und werden es offiziell zum 1. Januar für zunächst drei Jahre bei Strom, mit etwa 30 Prozent Marktanteil. Bisher war dort die Innogy-Tochter Eprimo Strom-Grundversorger.

Was das unter anderem bedeutet, hat Stadtwerke-Sprecher Jürgen Gelis am Montag in einem Blog-Eintrag der Öffentlichkeit erklärt:

  • Der jeweilige Grundversorger muss diejenigen Kunden mit Strom oder Gas versorgen, die aus irgendeinem Grund keinen Liefervertrag haben – sei es, weil sie neu eingezogen sind und schon leitungsgebundene Energie verbrauchen oder, dass der bisherige Lieferant pleite geht (oder keinen gültigen Bilanzkreis mehr hat). Der Sinn der Grund- und Ersatzversorgung ist eine durchgängige Energielieferung an alle Privatkunden. Vom Marktführer erwartet der Gesetzgeber, dass er dazu in der Lage sein sollte.
     
  • Der Grundversorger muss Haushaltskunden zum vorher auf seiner Website veröffentlichten Tarif versorgen, auch jene, die er nicht beliefern will, weil sie etwa einen schlechten Schufa-Eintrag haben. Stromsperren wegen Zahlungsrückständen sind in der Grundversorgung an hohe prozedurale Hürden gebunden.
     
  • Unter anderem deswegen ist der Grundversorgungstarif meistens teurer als die freiwilligen Strom- und Gasangebote desselben Versorgers, schreibt auch Jürgen Gelis. Der Pressesprecher führt einen weiteren Grund an: "Kunden, die in der Grund- und Ersatzversorgung sind, erfordern in der Summe mehr Arbeit. Dazu gehören zum Beispiel die komplizierte Rückabwicklung eines Vorgangs von bis zu sechs Wochen seit dem Wohnungseinzug, die kurzen Zeiträume der Versorgung von leeren Wohnungen (Leerstände) und die Recherche, solche Leerstände zu klären."
     

730 Euro bei Eprimo, 850 beim Stadtwerk

Daraus hat der Aufsichtsrat der Energieversorgung Rüsselsheim Mitte des Monats die Konsequenz gezogen, die Grundversorgung Strom wesentlich teurer anzusetzen als die bisherigen freiwilligen Elektrizitätstarife – und deutlich höher als der Vorgänger Eprimo. Die Stadtwerke-Tochter verlangt 33,25 Cent pro kWh (immer brutto). Bei Eprimo sind es noch 30,25 Cent. In den Wahltarifen der Stadtwerke werden derzeit (also nicht unbedingt 2019) nur zwischen 24,70 und 25,38 Cent pro kWh abgerufen. Auch der jährliche Grundbetrag erhöht sich, von 64,80 bei Eprimo auf 118,80 Euro. So hoch ist er auch bei den Wahltarifen ohne Smart Meter.

Legt man den bundesweiten durchschnittlichen Jahresverbrauch in der Grundversorgung von 2200 kWh zu Grunde, steigen die Stromkosten in der Grundversorgung in Rüsselsheim um gut 16 Prozent: von 730,30 auf 850,30 Euro. Pressesprecher Gelis begründet dies damit, dass der Eprimo-Tarif seit 2015 unverändert sei und der Wettbewerber mit Sicherheit jetzt ebenfalls die Grundversorgung verteuert hätte, um seit 2015 gestiegene Abgabenlasten und Einkaufspreise durchzureichen. Gelis kündigte an, dass die Energieversorgung Rüsselsheim ihre künftigen Grundversorgungskunden zum Wechsel in ihre Wahltarife auffordere, deren kWh-Preise um bis zu 35 Prozent niedriger liegen.

Kein Wechsel von Kundenstämmen

Für Brancheninsider klar, für die Masse der Endkunden nicht und daher wichtig für die Kundenkommunikation: Die bisherigen Eprimo-Grundversorgungskunden bleiben, wenn sie nichts unternehmen, bei Eprimo und natürlich zu den heutigen Konditionen, solange die Innogy-Tochter daran nichts ändert. Ob oder wann sie den Tarif anpasst, war am Dienstag von Pressesprecher Jürgen Rauschkolb nicht zu erfahren.  (geo)