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TÜV-Verband: Mehr Sicherheitskontrollen bei Windrädern nötig!

Nach Berechnungen des TÜV-Verbands (VdTÜV) kommt es pro Jahr zu rund 50 gravierenden Schäden an Windanlagen. Der Verband fordert daher umfassendere Kontrollvorgaben. Der BWE sieht das anders.
08.10.2018

"Unfälle wie abknickende Türme, berstende Rotorblätter oder Brände nach Blitzschlag sind ein Sicherheitsrisiko für Mensch und Umwelt, zumal Windparks immer näher an Straßen und Siedlungen heranrücken", sagt Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Ihm zufolge sei es nur eine Frage der Zeit, bis bei einer Windkraft-Havarie Menschen zu Schaden kommen.

Der Verband fordert daher, Windkraftanlagen wie Tankstellen, Aufzüge oder Druckbehälter in den Regelungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung aufzunehmen und mindestens alle zwei Jahre nach verbindlichen Vorgaben zu überprüfen. Aktuell gibt es in Deutschland fast 30 000 Windenergieanlage, deren Sicherheit je nach Alter auf Basis unterschiedlicher Vorgaben geprüft wird. Um die Standsicherheit der Anlagen an Land zu gewährleisten, gilt für sie das Baurecht. Daneben müssen die in den Türmen eingebaute Servicelifte sowie Druckbehälter für die Regelung der Geschwindigkeit der Anlagen von unabhängigen Prüfern geprüft werden.

Altanlagen sind das größere Problem

Nach 2004 errichtete Anlagen müssen laut geltenden Richtlinien alle zwei Jahre überprüft werden. Allerdings können die Betreiber diesen Zeitraum auf vier Jahre verlängern, wenn sie die Anlage regelmäßig warten. "In der Praxis führt das dazu, dass die Sicherheit der neueren Windräder nur alle vier Jahre von unabhängiger Seite überprüft wird", beklagt Bühler. Dieser Zeitraum ist aus Sicht des Verbandes "eindeutig zu lang". Zudem gebe es keine Vorgaben zur Kompetenz und Unabhängigkeit der Sachverständigen. Darüber hinaus seien Prüfinhalte zu konkretisieren.

Noch größer sei das Problem bei Altanlagen, die vor 2004 erbaut wurden. Sie müssen nicht wiederkehrend geprüft werden. Nach Angaben des Bundesverbands Windenergie sind bis Ende 2003 in Deutschland rund 15 400 Anlagen in Betrieb genommen worden. "Für etwa die Hälfte aller Windräder in Deutschland müssen die Betreiber keine Sicherheitsprüfungen nach einheitlichen Kriterien von unabhängigen Stellen vornehmen lassen", führt Bühler aus.

Aufnahme in den Regelungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung verlangt

Nach Berechnungen des Verbands kommt es jährlich zu rund 50 gravierenden Schäden an Windenergieanlagen. Der TÜV-Verband fordert daher, Windenergieanlagen in den Regelungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung aufzunehmen. Darin würde unter anderem festgelegt, wie häufig die Windenergieanlage überprüft werden müsse, welche Qualifikationen der Sachverständige erfüllen und was die Prüfer bei den Kontrollen im Detail untersuchen müssten. Anders als bei Wartungen müssten die Betreiber nachweisen, dass die Prüfungen stattgefunden haben.

Zudem könnten die Sachverständigen dazu verpflichtet werden, ihre Erkenntnisse aus den Prüfungen im Rahmen eines Erfahrungsaustausches zu teilen. Laut TÜV-Verband empfehlen auch unabhängige Rechtsexperten die Aufnahme von Windrädern in die Betriebssicherheitsverordnung sowie regelmäßige Sicherheitschecks.

Der Bundesverband Windenergie widerspricht

Eine andere Sicht dazu hat der Bundesverband Windenergie (BWE): Das bestehende Regelwerk sei umfassend und habe sich in der Praxis bewährt. Qualifizierte Prüfer und Sachverständige leisten eine hervorragende Arbeit. Weder die geringe Zahl der tatsächlichen Unfälle noch die faktischen Erkenntnisse aus den Prüfungen machen einer Änderung der gut etablierten Praxis erforderlich. Die Konzentration der Prüfungen auf einzelne Organisationen würde das Sicherheitsniveau nicht erhöhen“, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer Bundesverband WindEnergie. Die in Deutschland errichteten mehr als 29 000 Windenergieanlagen an Land würden mit einer technischen Verfügbarkeit von 98 Prozent den hohen Standard und die sehr hohe Qualität der sicherheitsrelevanten Prüfungen unterstreichen.

Kritik gibt es auch an der Zahl der Unfälle: "Hier werden Fakten negiert, um mit Ängsten den Boden dafür zu bereiten, eigene wirtschaftlich begründete Forderungen durchzusetzen. Dies untergräbt die hohe Glaubwürdigkeit der Prüforganisation“, moniert Wolfram Axthelm. Ihm zufolge entwickeln sich die Richtlinien zur Prüfung von Windenergieanlagen in einem ständigen Prozess weiter. In keinem anderen Land habe sich eine qualitativ so hohe Prüfarchitektur herausgebildet wie in Deutschland. Diese gelte es gemeinsam weiterzuentwickeln, was heute bereits unter Teilnahme mehrere TÜV-Organisationen im Rahmen eines etablierten Erfahrungsaustausches im BWE erfolge. (sg)