Abfallwirtschaft

Das To-Go-Verpackungsdrama in Zahlen

Knapp 25 Jahre hat es gedauert, bis präzise Zahlen das Ausmaß von Einweg- und To-Go-Verpackungen an Deutschlands Müllbergen offenbaren. Der Naturschutzbund Deutschland hat eine Studie veröffentlicht.
23.10.2018

Was für ein Müll!: Eine Studie zum Vorkommen von To-go-Bechern und Einwegverpackungen zeigt die Dringlichkeit zum politischen Handeln.

Im Mai brachte das EU-Parlament das Verbot von verschiedenen Einwegprodukten, darunter Wattestäbchen, Trinkhalme, Plastikbesteck- und teller zum ersten Mal auf den Tisch. Am Dienstag (23. Oktober) wird in Brüssel erneut über einen entsprechenden Richtlinien-Entwurf beraten. Zeitgleich hat der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) eine Studie veröffentlicht, die offenbart, wie sich das Aufkommen von Einweg- und To-Go-Verpackungen in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat.

Die Studienautoren der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) musste bei ihren Recherchen fast 25 Jahre in die Vergangenheit blicken, denn seit 1994 wurde nicht mehr untersucht, wie viel Abfall durch Einwegverpackungen anfällt. Allein im Jahr 2017 hat sich ein Müllberg von 346 831 Tonnen angesammelt, darunter 222 419 Tonnen Papier, Pappe und Karton (PPK) sowie 105 524 Tonnen Kunststoff.

Mit dem Wohlstand wächst der Abfall

Mit knapp 70 Prozent stammt ein Großteil des Abfalls aus der Systemgastronomie und aus Imbissbuden. Aber auch die privaten Haushalte haben in Sachen Einwegverpackungen aufgeholt. Immerhin 19 Prozent der fast 347 000 Tonnen gehen auf Party- und Picknickartikel zurück. Das ist ein Anstieg von 74 Prozent im Vergleich zu 1994. Auch To-Go-Becher haben sich in den letzten 25 Jahren versechsfacht und Abfälle für Einwegbesteck verdoppelt.

Als Gründe für den enormen Anstieg führt die Studie unter anderem das Wirtschaftswachstum in Deutschland ins Feld. Seit den frühen 90er Jahren ist das Bruttoinlandsprodukt um 38 Prozent gestiegen. Mit steigendem Wohlstand sinkt auch die Lust zum Kochen und der Außer-Haus-Konsum nimmt immer stärker zu: Der Umsatz in Restaurants mit Selbstbedienung ist zwischen 2005 und 2015 um 110 Prozent gestiegen. Auch Imbissstuben und Cafes boomen.

Abfallziele verschärfen

Aus Sicht des Nabu ist nun die Politik gefragt, dazu gehöre vor allem eine konsequente Förderung von Mehrweg-Alternativen, damit Kunststoff-Einweg nicht durch Papier-Einweg ersetzt wird.  Zudem sieht die EU-Richtlinie bislang kein Verbot von Einweg-Snackboxen vor - sie könnten Plastikteller künftig ersetzen und die Müllberge sogar noch weiter wachsen lassen, befürchtet Katharina Istel, Nabu-Konsumexpertin.

Mit einem ähnlichen Appell richtet sich Bettina Hoffmann, umweltpolitische Sprecherin der Grünen an die Bundesregierung: „Wir fordern von der Bundesregierung ein gesetzlich verankertes Abfallreduktionsziel von Minus 50 Prozent bis 2030. Denn Deutschland ist das europäische Schlusslicht bei der Vermeidung von Verpackungsmüll.“ 

80 Prozent der Plastikabfälle landen im Meer

Martin Häusling, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert: „Plastikmüll muss raus aus den Meeren. Mikroplastik tötet Tiere im Meer und gefährdet die Gesundheit der Menschen. Ein starkes Mandat für weniger Plastikmüll in Meeren und Umwelt ist ein guter Anfang. Die EU-Länder müssen auf ökologische Alternativen zu Verpackungen, Flaschen und Plastikbesteck setzen.“(ls)