Abfallwirtschaft

Ein Landkreis wehrt sich gegen die Biotonne

Der Landkreis Altötting hält ein System zur Biomüllerfassung für unnötig und teuer. Nun droht sogar ein Gerichtsstreit.
19.01.2018

Altötting gilt als christlich geprägt. Die Stadt mit etwa 12000 Einwohnern ist als Wallfahrtsort deutschlandweit bekannt.

Seit 2015 ist es offiziell Pflicht, Biomüll getrennt vom Restmüll zu sammeln. Doch längst gibt es nicht flächendeckend Biotonnen, in denen Küchenabfälle landen. Ein besonderer Fall hat sich gerade in Bayern ereignet. Zur Situation: In vielen bayerischen Landkreisen können die Hauseigner noch selbst entscheiden, ob sie die Biotonne nutzen oder im eigenen Garten einen Komposthaufen anlegen. Wobei die höheren Behörden auf Einführung der Biotonne drängen. Der Landkreis Altötting hat nun offen geäußert, kein eigenes System für die Biomüll-Sammlung einzuführen – und ist damit inzwischen der einzige im Freistaat. Das Bioabfall-System sei zu aufwendig, zu teuer, kurzum: unsinnig. Hier lässt es Landrat Erwin Schneider (CSU) sogar auf einen Rechtsstreit ankommen.

Der Landkreis hat die Situation analysieren lassen: Man wisse aus gutachterlichen Studien, dass auch ohne eigenes Sammelsystem 85 Prozent der Bioabfälle im Landkreis nachhaltig verwertet, also kompostiert, werden, sagt ein Sprecher des Landratsamtes. Im Restmüll seien pro Jahr höchstens noch acht Kilo Küchenabfälle pro Einwohner enthalten, das werde in einem Müllheizkraftwerk verbrannt. "Diese Restmenge noch mit einer eigenen Biotonne erfassen zu wollen, ist aus unserer Sicht ökologisch und ökonomisch unsinnig. Zudem würde die Einführung einer Biotonne die Müllgebühren für unsere Bürgerinnen und Bürger nahezu verdoppeln." Größere Mengen an Grüngut könnten die Menschen problemlos zu gewerblichen Kompostieranlagen bringen.

Regierung von Oberbayern entsendet Bescheid

Weil sich Altötting also weigert, ein System zur Biomüllentsorgung zu schaffen, hat der Landkreis einen Bescheid der Regierung von Oberbayern bekommen – und will diesen gerichtlich anfechten. Eine Entscheidung der Justiz steht noch aus.

Im Jahr 2016 fielen in Bayern 1,98 Mio. Tonnen Bioabfall an – laut dem Landesamt für Umwelt zählt dazu sowohl der Müll aus der Biotonne als auch Grüngut aus den privaten Gärten als auch Gras, das beispielsweise beim Mähen in öffentlichen Parks oder an Straßenrändern anfällt. Im Jahr zuvor waren es noch 1,85 Mio. Tonnen. In den Biotonnen entsorgten Bayerns Bürger demnach 726 665 Tonnen Biomüll.

Biotonne wird zögerlich eingeführt

Tatsächlich zeigen einige Beispiele in Bayern, dass die Biotonne keinesfalls gleich nach der Gesetzesänderung 2015 eingeführt wurde. Der Landkreis Eichstätt etwa startete erst vor knapp drei Wochen zum Jahreswechsel: Biomüll aus den Haushalten soll künftig in die Tonne, große Mengen Grüngut weiterhin zu den Sammelstellen. Wer seine Bioabfälle selbst kompostieren will, dürfe das natürlich weiter tun, teilt das Landratsamt mit. Allerdings: Er müsse mit Kontrollen rechnen. Küchenabfälle sollten keinesfalls mehr in den Restmüll gelangen.

Die Stadt Regensburg setzt seit dem Herbst 2017 auf ein Bringsystem: Die Bürger können "in fußläufiger Entfernung" ihren Biomüll loswerden. Dafür verteilte die Stadt Starterkits an die Haushalte – in dem sieben Liter fassenden Eimer können Bioabfälle gesammelt und dann zur Tonne gebracht werden.

Plastik im Biomüll

Doch auch wo gesammelt wird, gibt es Probleme: Nicht alles, was in der Biotonne landet, gehört dort auch hin. Plastik etwa muss mühsam aussortiert werden. Der Bund Naturschutz rät deshalb, Bioabfälle in altes Zeitungspapier oder Papiertüten einzupacken. (dpa/al)