Abfallwirtschaft

Fluor für Lithium-Ionen-Akkus recyceln

Die Gefährlichkeit von Fluorwasserstoff erschwert und verteuert das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus. Schweizer Forscher wollen nun dieses Problem lösen.
21.07.2020

Die Empa startete ein neues Forschungsprojekt zum Recycling von Fluor in Lithium-Ionen-Akkus.

In einem neuen Forschungsprojekt nimmt die Eidgenössische Material- und Forschungsanstalt (Empa) laut einer Pressemitteilung vom heutigen Dienstag ein chemisches Element in den Fokus, über das beim Batterierecycling bisher nur selten diskutiert wurde, nämlich Fluor. In kleinen Mengen stecke Fluor in allen Lithium-Ionen-Akkus, so die Empa. Die Elektrolytflüssigkeit eines solchen Akkus enthalte Hexafluorophosphat Anionen PF6- – eine Fluor-Verbindung, die für die Langzeitstabilität der Batterie sorge und hohe Zellspannungen ermögliche.

Der Nachteil: PF6- zerfalle im Kontakt mit Wasser oder an feuchter Luft zu giftigem, stark ätzendem Fluorwasserstoff HF. Während die Batterie in Betrieb ist, müsse sie also in einer vollkommen dichten, luftundurchlässigen Hülle stecken, sonst emittiere sie giftige Fluor-Verbindungen. Spätestens beim Recycling werde jedoch die luftdichte Hülle aufgeschlitzt. Der nun entstehende Fluorwasserstoff mache das Reycling kompliziert und teuer, so die Empa.

Forschungsansatz: wasserfeste Fluorsalze

Im Sommer 2020 startet die Empa mit dem Forschungsprojekt namens "Fluoribat", um diesem Problem entgegenzutreten, Das Forschungsteam von Corsin Battaglia, Leiter der Abteilung "Materials for Energy Conversion", habe einen neuen, nicht-brennbaren Wasser-basierten Elektrolyten für Lithium-Ionen-Batterien entwickelt, der mit bereits heute gebräuchlichen Elektrodenmaterialien in diesen Akkus kompatibel sei. "Unsere Zellen weisen nach 200 Lade- und Entladezyklen noch mehr als 80% der Anfangskapazität auf" wird Maximilian Becker, Batterieforscher in der Abteilung von Corsin Battaglia, in der Pressemitteilung zitiert.

Das gegenüber Wasser stabile Lithiumsalz, das in den experimentellen Batteriezellen der Empa verwendet werde, könne im großen Maßstab zu konkurrenzfähigen Preisen hergestellt werden. Für eine erfolgreiche Kommerzialisierung müsse die Langzeitstabilität jedoch weiter verbessert werden. Doch wenn sich diese Hürde überwinden ließe, könne eine solche Batterie wesentlich kostengünstiger produziert und am Ende ihres Lebens rezykliert werden. Eine absolut trockene Umgebung sei für beide Arbeitsschritte dann nicht mehr notwendig.

Kreislaufwirtschaft fördern

Wenn die Elektrolyt-Salze aus Batterien auf einfache Weise wiedergewonnen werden könnten, könne das darin enthaltene Fluor für neue Batterien verwendet werden – ein zunehmend wichtiger Aspekt bei der zu erwartenden Menge an Akkus. Die Empa-Forscher möchten auch aufzeigen, welche Vorteile Batterien haben, die auf wasserunempfindlichen Fluor-Salzen basieren. In der Studie soll diese neue Generation von Akkus hinsichtlich Sicherheit und Umwelt mit Akkus der heutigen Generation verglichen werden. 

Den internationalen Rahmen für "Fluoribat" bilde das europäische Projekt Battery2030+, das die Batterieforschungsaktivitäten auf europäischer Ebene koordiniere, teilte die Empa mit. Ein wichtiges Ziel dieser Aktivitäten sei die Nachhaltigkeit von Batterien zu verbessern. Dazu sei es wichtig, nicht nur Metalle wie Kobalt, Nickel, Kupfer, Aluminium und Lithium möglichst im Kreislauf zu führen. Auch potentiell giftige Elemente wie Fluor müssten Teil von Nachhaltigkeitsbetrachtungen sein: Sie gelte es in sicheren, kontrollierten Bahnen zu halten, heißt es in der Pressemitteilung. (hcn)