Abfallwirtschaft

Ist jeder Supermarkt bald ein Entsorger?

Die Novelle zum Kreislaufwirtschaftsgesetz hat viele gute Elemente, aber auch etliche Bestimmungen, die kommunale Entsorger schwächen könnten.
01.07.2020

In Zukunft sollten die Hersteller aller litteringintensiven Produkte zur Verantwortung gezogen werden.

Der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) hat am Mittwoch an einer Expertenanhörung im Bundestag zur Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie im Kreislaufwirtschaftsgesetz teilgenommen.

Der Verband begrüßt zahlreiche Inhalte der geplanten Novellierung, insbesondere die ambitionierten Regelungen zur Stärkung von Abfallvermeidung und Wiederverwendung. Der vorliegende Gesetzentwurf enthalte allerdings auch Bestimmungen, die die kommunale Entsorgungsstrukturen schwächen und das Ziel der Verringerung der Vermüllung der Umwelt verfehlen könnten.

Litteringvorschriften für alle Waren

Erstmals nimmt das Kreislaufwirtschaftsgesetz die Produkte in den Blick, die besonders häufig unachtsam weggeworfen werden, und schafft eine Rechtsgrundlage für die künftige Beteiligung der Hersteller an den Reinigungskosten ihrer Produkte. Der VKU spricht sich dafür aus, dass alle litteringintensiven Produkte in die Herstellerverantwortung einbezogen werden können und nicht nur bestimmte Einwegkunststoff-Produkte.

Jetzt bestünde die Chance, auch andere Produkte, die mit einem hohen Reinigungsaufwand verbunden sind, wie etwa Kaugummis oder Pizzakartons, mit einer Herstellerverantwortung zu belegen. Der Gesetzgeber sollte sich diese Handlungsoption nicht verbauen, meint der VKU.

Folgen der freiwilligen Rücknahme
 
Kritisch bewertet der Kommualverband auch die erweiterte Zulassung von freiwilligen Rücknahmen von Produktabfällen durch Produzenten und Vertreiber. Danach sollen Hersteller in Zukunft Abfälle aus eigenen Produkten sowie auch aus Fremdprodukten annehmen können. Es ist absehbar, dass Hersteller und Vertreiber nur solche Produktabfälle zurücknehmen werden, mit denen sich Geld verdienen lässt, wie etwa Textil- oder Metallabfälle, stellt der VKU fest. Für die Kommunen blieben dann im schlimmsten Fall nur noch Rest- und Sonderabfälle übrig.

Wie soll aber in Deutschland ein gut ausgebautes Netz von Wertstoffhöfen funktionsfähig bleiben, wenn sich jede Supermarktfiliale zum Wertstoffentsorger erklären könne? Nach Überzeugung des VKU sollten freiwillige Rücknahmen von herstellerfremden Produktabfällen nur dann zugelassen werden, wenn damit ein nachgewiesener Vorteil für die Kreislaufwirtschaft verbunden ist.
 
Gleiches Recht für alle

Nachbesserungsbedarf sieht der VKU auch in der Frage der Klagebefugnis öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegenüber gewerblichen Sammlern von Haushaltsabfällen. Laut Gesetzentwurf soll den Kommunen eine Klage nicht möglich sein, selbst wenn die gewerbliche Sammlung der kommunalen Sammlung Wertstoffe entzieht und so die kommunale Entsorgung beeinträchtigt – umgekehrt ist es gewerblichen Sammlern jedoch durchaus möglich zu klagen, wenn sie von der Behörde in ihrer Sammeltätigkeit beschränkt werden.

Diese Asymmetrie sei nicht gerecht, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes. Zudem schade sie der Hausmüllentsorgung insgesamt. Da sich gewerbliche Sammler gegen behördliche Verfügungen gerichtlich wehren können, muss auch der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger klagen können, wenn die Behörde eine angezeigte gewerbliche Sammlung einfach durchwinkt. (hp)