Deutschland

Mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten

Der Ausbau von Schienen, Windrädern, Funkmasten und Straßen soll bald schneller gehen. Dazu hat das Bundeskabinett am 12. August ein Investitionsbeschleunigungsgesetz verabschiedet.
12.08.2020

Windräder sollen mit dem Investitionsbeschleunigungsgesetz nun deutlich schneller errichtet werden können.

Das Kabinett hat heute den von Bundesminister Scheuer vorgelegten Entwurf für ein Investitionsbeschleunigungsgesetz beschlossen. Er basiert auf einem Beschluss des Koalitionsausschusses. Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) will damit seine Maßnahmen für schnelleres Planen und Bauen in Deutschland verstärken.

"Wir wollen schneller bauen – für eine starke Wirtschaft und klimafreundliche Mobilität. An der Schiene wollen wir einfacher elektrifizieren und digitalisieren, Bahnsteige barrierefrei machen oder Schallschutzwände errichten. Wir beschleunigen Genehmigungen, verkürzen Gerichtsverfahren, sorgen für schnelleres Baurecht, entschlacken die Verfahren. Damit nehmen wir alles in den Blick, wo es bislang klemmt". so Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.

Kürzere Verwaltungsgerichtsverfahren

Beim Bau von Landesstraßen, Hafenprojekten oder Windrädern sollen künftig in erster Instanz Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe zuständig sein. Also eine Instanz weniger, was die Zeit der Verfahren verkürzen soll. Um Personalknappheit an den Gerichten zu begegnen, sollen Richter flexibler eingesetzt und Kompetenzen in Gerichten gebündelt werden können.

Sofortiger Vollzug von Baurecht

Für überregional wichtige Infrastrukturprojekte – wie Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan oder dem Mobilfunkausbau – wird gesetzlich ein Sofortvollzug angeordnet. Sprich: Nach Genehmigung durch die zuständigen Behörden kann sofort gebaut werden. Die aufschiebende Wirkung von Widersprüchen oder Anfechtungsklagen entfällt hier. Der Weg des einstweiligen Rechtsschutzes im Eilverfahren bleibt erhalten.

Schnellere Prüfung der Raumverträglichkeit

Infrastrukturprojekte sollen in Deutschland in der Regel in einem zweistufigen Prozess zugelassen werden:

  1.     Raumordnungsverfahren: zur Prüfung der (über)regionalen Auswirkungen eines Projektes
  2.     Planfeststellungsverfahren: zur Erteilung der des Baurechts

Um Doppelarbeiten zu vermeiden, kann künftig auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet werden, wenn keine entsprechenden Konflikte zu erwarten sind. Darüber hinaus soll das Verfahren durch Online-Veröffentlichungen stärker digitalisiert werden.

In dieser Legislaturperiode sind bereits mehrere Neuregelungen zur Planungsbeschleunigung in Kraft getreten. Der Bundestag kann nun per Gesetz wichtige umweltfreundliche Schienen- und Wasserstraßenprojekte genehmigen, wodurch die Akzeptanz bei Bürgern steigen soll, heißt es beim BMVI. Verfahren bei Ersatzneubauten wurden verschlankt – wenn etwa Brücken ersetzt werden, entfällt ein neues Genehmigungsverfahren. Zudem wurden Kommunen bei der Beseitigung von Bahnübergängen entlastet, damit diese schneller gebaut werden können.

Stimmen:

„Der Ausbau der Windenergie an Land steckt nach wie vor in der Krise", kritisiert Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen. Der Ausbaukrise könne nur mit einem Bündel von verschiedenen Maßnahmen begegnet werden. Der  beschlossene Gesetzentwurf zur Investitionsbeschleunigung sei ein – wenn auch wichtiger – Baustein, den Windenergieausbau wieder auf Kurs zu bringen.
 
"Das Gesetz hätte darüber hinaus eine gute Möglichkeit geboten, weitere Stellschrauben in Richtung einer Beschleunigung bei der Realisierung von Windenergieprojekten zu drehen. So etwa wäre es sinnvoll gewesen, die Fristen für eine Stellungnahme beteiligter Behörden zu verkürzen, eine Ausschlussfrist für Einwendungen im Verfahren festzulegen sowie eine gesetzliche Stichtagsregelung im Rahmen von Genehmigungsverfahren einzuführen", so Liebing.
 
Der VKU-Hauptgeschäftsführer bedauert auch, dass die Bundesregierung die ursprünglich vorgesehene Einbeziehung von KWK-Anlagen über 50 MW gestrichen hat. Es wäre ein gutes Signal gewesen, wenn auch Streitigkeiten hinsichtlich dieser Anlagen direkt den Oberverwaltungsgerichten zugewiesen worden wären. "Gerade im Zuge von Atom- und Kohleausstieg spielen KWK-Anlagen auf Gasbasis eine entscheidende Rolle für die Versorgungssicherheit bei Strom und Wärme. Auch hier können sich Verzögerungen sehr negativ und kostenträchtig auswirken. Wir werden uns deshalb im parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen, diese Anlagen wieder aufzunehmen", bekräftigte Liebing.
 
BDEW

Auch BDEW-Chefin Kerstin Andreae sieht in dem Gesetz einen wichtigen Beitrag zu schnelleren und rechtssicheren Genehmigungsverfahren, das man ausdrücklich begrüße. Für die schnelle Genehmigung von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) fordert auch der BDEW einen zügigen Abschluss möglicher Gerichtsverfahren.

BWE

Der Bundesverband Windenergie BWE begrüßt den Beitrag der Regierung. Die Verkürzung des Instanzenwegs habe sich bereits bewährt. "Dies sichert eine rechtsstaatliche Überprüfung und vermeidet teils langwierige Blockaden im Instanzenweg. Dass Klagen gegen genehmigte Windenergieanlagen künftig den Bau oder die Planung nicht mehr aussetzen dürfen, ist ein wichtiger Schritt für die Planungssicherheit der Betreiber und Kommunen", so der BWE.

Der Verband fordert darüber hinaus mehr Genehmigungen: "Wir erwarten, dass der Bund dort wo er handeln kann, schnell und konsequent handelt. Unkompliziert wäre es längst möglich, blockierte Flächen rund um Drehfunkfeuern frei zu machen indem internationale Standards für Prüfabstände genutzt werden", so der BWE. (sg)