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Klimageld: Deutscher Wahlkampfschlager ist andernorts massiv unter Druck

Kanada und Österreich gelten als Klimageld-Vorreiter. Doch ausgerechnet jetzt, da einige deutsche Parteien ihnen nacheifern wollen, stehen beide Länder davor, das gar nicht so populäre Klimageld wieder abzuschaffen.
17.01.2025

Während FPÖ-Chef Herbert Kickl gegen eine CO2-Bepreisung ist, würde Robert Habeck (Grüne) CO2-Einnahmen gern zum großen Teil als Klimageld an Bürger zurückgeben. Einen solchen Mechanismus hat Kanadas Premierminister Justin Trudeau bereits eingeführt.

Von Andreas Baumer

Das Klimageld steht in Deutschlands Parteienlandschaft hoch im Kurs. Von den Grünen über die SPD bis hin zu CDU und CSU können sich gleich mehrere politische Kräfte eine mehr oder minder direkte Rückgabe von CO2-Einnahmen an die Bürger vorstellen. Dabei steht das Instrument in Österreich und Kanada, die als Klimageldvorreiter gelten, zurzeit massiv unter Druck und könnte in beiden Ländern bald Geschichte sein.

Hinter dem Klimageld steckt die Idee, steigende CO2-Preise beim Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen durch pauschale Zahlungen an die Bürger auszugleichen und so die Akzeptanz des CO2-Marktsystems zu gewährleisten. Der Begriff tauchte bereits im Ampel-Koalitionsvertrag 2021 auf. SPD, Grüne und FDP einigten sich darauf, "einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus" zu entwickeln.

Ampel verschiebt Klimageld

Aus budgetären Gründen wurde die Einführung eines Klimagelds allerdings bereits vor dem Koalitionsbruch auf die nächste Wahlperiode verschoben. Die CO2-Einnahmen wurden gebraucht, um Ausgaben im Klima- und Transformationsfonds gegenzufinanzieren. Zu nennen sind etwa die Bezuschussung von erneuerbarer Stromerzeugung und Wärmewende-Programme, die beispielsweise den Einbau klimafreundlicher Heizungen fördern.

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Geht es nach der Union, sollen die CO2-Einnahmen anders verteilt werden. CDU und CSU wollen einen Klimabonus schaffen. "Wir reduzieren mit den CO2-Einnahmen zuerst die Stromsteuer und Netzentgelte", heißt es im Wahlprogramm. "Höhere Belastungen durch steigende CO2-Abgaben müssen auch zu höheren Entlastungen führen."

Einen ähnlichen Zugang würde die FDP wählen. Sie will die Stromsteuer senken und die EU-Mindestsätze für die Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe "sukzessive bis auf null abschmelzen". So soll der CO2-Preis die Strom- und Energiesteuer perspektivisch vollständig ersetzen. "Auf diese Weise stärken wir die Rolle des CO2-Preises und schaffen mehr Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien."

Während AfD und BSW die CO2-Bepreisung an sich ablehnen und abschaffen wollen, werben SPD, Grüne und Linke für einen direkten Rückzahlungsmechanismus. Als Vorbild könnte dabei Kanada dienen. Die amtierende liberale Bundesregierung beschloss im Jahr 2018 ein Klimageld, um die gleichzeitig eingeführte CO2-Bepreisung sozial abzufedern. Das bundesweite Regime gilt übrigens nur in kanadischen Provinzen, die keine eigenen adäquaten CO2-Bepreisungsmechanismen haben.

Kanadas Klimageld wackelt

Was als innovatives Prestigeprojekt von Premierminister Justin Trudeau begann, ist inzwischen hochumstritten. Pierre Poilievre, Chef der in Umfragen haushoch führenden konservativen Opposition, wird nicht müde, angesichts von Teuerung und Wirtschaftsschwäche vor allem eines zu fordern: "Axe the Tax", auf Deutsch: "Schafft die Steuer ab". Gemeint ist die CO2-Bepreisung, an der das Klimageld hängt. Spätestens im Herbst dieses Jahres wählt Kanada ein neues nationales Parlament.

Die linke Regierung in der progressiven kanadischen Provinz British Columbia, wo bereits seit 2008 eine CO2-Steuer greift, kündigte ihrerseits an, eben diese Maßnahme zurückzunehmen, falls eine neue konservative Bundesregierung das kanadische CO2-Preisregime samt Klimageld abschaffen würde.

Und auch in Trudeaus liberaler Partei gibt es nur noch wenige, die das Instrument in der jetzigen Form beibehalten wollen. Trudeau selbst kündigte bereits seinen baldigen Rückzug an. Zwei der aussichtsreichen liberalen Nachfolgekandidaten wollen die CO2-Bepreisung samt Klimageld in der aktuellen Form fallen lassen.

Österreich: Klimageld vor Abschaffung

Schlecht sieht es für das Klimageld auch in Österreich aus. Hier wird der sogenannte Klimabonus seit 2022 als Kompensation für die CO2-Steuer ausgezahlt. Der Betrag setzt sich aus einem Sockelbetrag und einem Regionalausgleich zusammen. Prinzipiell gilt: Je schlechter die Verkehrsanbindung und Infrastruktur in einem Ort sind, desto höher ist der Regionalausgleich. Der Klimabonus gilt als eines der Leuchtturmprojekte der scheidenden Koalition aus konservativer ÖVP und Grünen.

Im September wählte Österreich ein neues Parlament. Die Rechtsaußenpartei FPÖ, die im Wahlkampf für eine Abschaffung der "CO2-Strafsteuer" warb, wurde stärkste Kraft und verhandelt inzwischen mit der ÖVP über die Bildung einer neuen Bundesregierung.

Vor Kurzem stellten die beiden Parteien vor, wo sie aus Budgetzwängen kürzen wollen. Demnach soll der Klimabonus abgeschafft, die CO2-Steuer dagegen beibehalten werden. Das soll rund zwei Milliarden Euro an Einsparungen allein in diesem Jahr bringen.

Schon Monate zuvor war der Klimabonus ins Visier von Haushaltsexperten geraten. Sie hatten den Bonus als zu teuer und wirtschaftlich nicht treffsicher genug kritisiert. Im August plädierte der in Finanzfragen einflussreiche Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt in der ORF-Nachrichtensendung "Zib 2" dafür, den Klimabonus "für ein paar Jahre" auszusetzen. "Ich glaube, das würde der Bevölkerung nicht auffallen", sagte er.

Eckpunkte für Auszahlmechanismus in Deutschland

Zurück zu Deutschland: Eine Hürde weniger hätte die neue Bundesregierung, würde sie ein Klimageld als direkte Rückzahlung an Bürger etablieren wollen. Die amtierende Minderheitskoalition hat mittlerweile Eckpunkte eines Mechanismus für direkte Auszahlungen beschlossen.

Das Problem dabei: Die jetzige Bundesregierung hat keine Mehrheit im Bundestag mehr, um ein Klimageld durchzubringen. Die neue Bundesregierung steht wiederum vor der Aufgabe, zunächst einen ordentlichen Haushalt unter Einhaltung strenger europa- und bundesrechtlicher Vorgaben aufzustellen. Ob dann das Klimageld noch Platz hat? Der nächste Koalitionsvertrag wird Auskunft geben.

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