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Gaskrise verschärft sich: Weitere Versorger reagieren mit Kündigungswelle

Montana und Relaxgas sind die nächsten Versorger, die einem Teil ihrer Kunden kündigen. Und auch zu Envitra gibt es Neuigkeiten.
26.10.2021

Die hohen Gaspreise machen immer mehr Versorgern zu schaffen.

Am Dienstag erfuhr die ZfK von zwei weiteren Gasversorgern, die an einen Teil ihrer Kunden Kündigungsschreiben versandten.

Zum einen handelt es sich um Relaxgas, einen privaten Versorger im Ruhrgebiet, der seit Ende der 2000er-Jahre auf dem Markt ist. Ein entsprechendes Schreiben wurde der ZfK vom Portal "www.Verbraucherhilfe-Stromanbieter" zugespielt.

Kündigung zum 30. November

Darin heißt es, dem Kunden werde der Liefervertrag fristgerecht zum 30. November gekündigt, da Relaxgas die Belieferung von Tarif- und Haushaltskunden im entsprechenden Versorgungsgebiet aufgebe.

Geschäftsführer Heiko Schäfer bestätigte der ZfK, dass sein Unternehmen insgesamt etwa 300 Kunden Kündigungsschreiben gesandt habe. Dabei handele es sich um langjährige Kunden außerhalb des eigenen Kerngebiets sowie aus einer Zeit, in der Relaxgas noch bundesweit Gasprodukte angeboten habe.

"Aktuelle Lage hat Prozess beschleunigt"

"Wir haben teilweise Netzgebiete mit jeweils nur einem oder zwei Kunden", erläuterte er. "Da stellte sich schon länger die Frage, ob sich der Aufwand für uns dort generell noch lohnt. Zudem wurden die entsprechenden Tarife oft seit fünf, sechs Jahren nicht mehr angepasst. Deshalb haben wir uns auch schon länger überlegt, uns auf unsere großen Gebiete zu fokussieren und diese im Griff zu haben. Die aktuelle Lage mit Gaspreisen auf Rekordniveau hat diesen Prozess dann beschleunigt."

Nach Schäfers Darstellung beinhalteten die betroffenen Verträge noch Kündigungsfristen, die denen von Grundversorgungstarifen ähnelten. Von diesen Fristen könnten beide Seiten Gebrauch machen.

Meiste Kunden im Ruhrgebiet

Nach eigenen Angaben hat Relaxgas zurzeit eine Kundenzahl, die knapp im fünfstelligen Bereich liegt. Die meisten Kunden befinden sich im Ruhrgebiet. Zudem ist das Unternehmen Grundversorger im sächsischen Ort Thallwitz.

Ferner bestätigte der bayerische Versorger Montana, weniger als fünf Prozent seiner Kunden gemäß den Vertragsbedingungen nach Ablauf der Preisgarantie und Erstvertragslaufzeit eine Änderungskündigung geschickt zu haben. Das Unternehmen verkauft neben Gas auch Strom und Heizöl.

Neuer Vertrag als Alternative

"Im gleichen Schreiben haben wir einen neuen Vertrag zu neuen Konditionen mit einer Preisgarantie und einer Laufzeit von 24 Monaten angeboten", teilte eine Unternehmenssprecherin mit.

Schon länger war bekannt, dass Energieversorger Envitra für mehrere Kunden die Gasbelieferung eingestellt hatte. Wohl prominentester Leidtragender war das Bundesland Sachsen-Anhalt. Es kündigte seinen Vertrag daraufhin vorzeitig. (Die ZfK berichtete.)

Envitra und seine Bilanzkreise

Wie die ZfK erfuhr, kündigten außerdem zumindest die Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und Transnet BW dem Unternehmen den Bilanzkreis. Sprich: In diesen Gebieten kann Envitra keinen Strom mehr an Kunden liefern.

Ob noch Bilanzkreisverträge mit Deutschlands größten Übertragungsnetzbetreibern Tennet und Amprion bestünden, beantwortete Envitra auf ZfK-Anfrage mit Verweis auf Verschwiegenheitsgründe nicht. Nur so viel: "Die Belieferung von Kunden ist über Bilanzkreisverträge unserer Konzerngesellschaften weiterhin möglich und findet statt."

Envitra verteidigt sich

Das Unternehmen gab zudem zu, Anfang Oktober 78 Kundenverträge gekündigt zu haben. Grund sei hierbei gewesen, dass die Verbrauchsprognose wegen des kalten Frühjahrs erheblich vom Ist-Zustand abweiche und demnach zu aktuellen Börsenpreisen zusätzlich Energie beschafft werden müsse.

"Das war bei Vertragsabschluss nicht absehbar und ist mit der im Energiegeschäft geringen Marge nicht abdeckbar." Eine Preiserhöhung sei nicht in allen Fällen möglich gewesen. In der Folge habe das Unternehmen nach Einzelfallentscheidungen Verträge gekündigt.

"Liegt nicht in unserem Einflussbereich"

Festzuhalten ist dabei, dass die Bilanzkreiskündigungen erst Mitte Oktober kamen. Auch Sachsen-Anhalt kündigte seinerseits erst am 12. Oktober.

Envitra betont auf ZfK-Nachfrage, dass es kein Insolvenzverfahren anstrebe, sondern mit diesem Schritt den Fortbestand des Unternehmens weiter sichere. "Es liegt nicht in unserem Einflussbereich, wenn sich unvorhersehbare Marktereignisse ergeben." (aba)