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Antwort auf Energiekrise? Interesse an Verzahnung von Erzeugung und Vertrieb steigt

Die Idee dahinter ist häufig, auf einen Teil der hohen Gewinne in der Erzeugung zu verzichten, um Risiken im Vertrieb zu dämpfen. Was Experten dazu sagen.
06.01.2023

Die historisch hohen Strompreise trieben im vergangenen Jahr die Gewinne in den Erzeugungssparten von Stadtwerken nach oben.

Nach Monaten enorm gewachsener Risiken im Vertrieb und zugleich üppiger Gewinne in der Erneuerbaren-Stromerzeugung wächst das Interesse bei Energieversorgern, beide Bereiche innerbetrieblich stärker zu verzahnen, wie die ZfK von mehreren Versorgern und Handelshäusern erfuhr.

Das Instrument sei grundsätzlich "nicht neu" und werde insbesondere für kleinere Erzeugungseinheiten genutzt, heißt es bei der Stadtwerkekooperation Trianel. "Allerdings erkennen wir in den letzten Monaten einen Trend, auch größere Produktionseinheiten direkt in die Vertriebsportfolien aufzunehmen."

Herausforderung volatile Erzeugung

Gründe dafür seien, dass auf Vertriebsseite Handelspartner mit günstigeren Angeboten fehlten. Auch bei Produzenten mangele es an Geschäftspartnern, die Erzeugungsspreads absicherten.

Wer Erzeugungs- und Vertriebssparte stärker verzahnen wolle, stehe allerdings unter anderem vor der Herausforderung, aus der volatilen Erzeugung von Wind- und Photovoltaikanlagen ein adäquates Endkundenpricing zu gestalten.

"Niemand darf sich allzu sehr benachteiligt fühlen"

"Aber auch hierfür sind unterschiedliche Lösungen, je nach Anlagen- und Endkundenportfolio, sowie Allokation der Risiken im Erzeugungs-, oder Beschaffungsportfolio, denkbar und umsetzbar."

Wichtig sei es, die Strategien beider Seiten so zu koordinieren, dass sich niemand allzu sehr benachteiligt fühle, rät Alexander Teichert, Bereichsleiter für Flexvermarktung und erneuerbare Energien beim Thüga-Handelshaus Syneco.

Bislang vor allem größere Stadtwerke mit Verzahnung

"Prinzipiell will die Erzeugung ihre Anlagen bestmöglich vermarkten und der Vertrieb so günstig wie möglich beschaffen. Dabei kann es schnell zu strukturellen Problem kommen. Kauft der Vertrieb beispielsweise rollierend über drei Jahre hinweg Positionen ein, während die Erzeugerseite auf Zweijahresbasis vermarktet, wird es zwangsläufig zu Diskrepanzen kommen. Dann mag es günstiger sein, getrennt voneinander zu agieren."

Bislang sind es nach Brancheneinschätzung überwiegend größere Stadtwerke, die Vertrieb und Erneuerbaren-Erzeugung enger verzahnt haben. Grundsätzlich sei eine solche Vorgehensweise allerdings für jeden Energieversorger sinnvoll, etwa um langfristig Preise abzusichern und Endkundenprodukte zu gestalten, schreibt Trianel.

Auch regionale Anlagen von Interesse

"Auch auf Seiten der Endkunden mehren sich bei Versorgern die Anfragen nach einer solchen Direktbelieferung aus Erneuerbaren-Anlagen." Dann seien auch regionale Anlagen von Interesse.

Mehr zu Chancen und Risiken einer engeren Verzahnung von Vertriebs- und Erzeugungssparte können Sie in der neuen ZfK-Printausgabe lesen, die am Montag, 9. Januar, erscheint. Sie finden den Text auf Seite 25. Zum E-Paper geht's hier und zum Abo hier.

Mini-Serie "Krisengewinner Stromerzeuger"

Teil eins:

Wemag-Vertriebsvorstand: "Die Erlösabschöpfung hat Nebeneffekte, die so nicht gewollt sein können"

Teil zwei:

Modell Gengenbach: Dieses kleine Stadtwerk setzte früh auf eigene Windenergie – das zahlt sich jetzt aus

Teil drei:

Prenzlauer Stadtwerkechef: "Hohe Strompreise bringen den ganzen Erneuerbaren-Markt durcheinander"

Teil vier:

Tübinger Stadtwerkechef: ""Bei Zufallsgewinnen wird eingegriffen, bei Zufallsverlusten nicht""