Deutsche Stromimporte: Frankreich löst Dänemark als größter Lieferant ab
Deutschland wird immer mehr zum Netto-Stromimporteur. Alles in allem überwogen nun auch im Wintermonat Februar die Importe – wenn auch denkbar knapp. Nach Angaben der Fraunhofer-Plattform Energy-Charts wurden 0,15 Terawattstunden (TWh) mehr in die Bundesrepublik importiert als von dort ins Ausland exportiert.
Die Zahlen stammen ursprünglich vom Netzbetreiberverband Entso-E. Sie können sich infolge neuer Erkenntnisse im Nachgang noch leicht ändern.
Konventioneller Kraftwerkspark geschrumpft
Zum Vergleich: Im Februar 2023 exportierte Deutschland noch netto rund 3 TWh ins Ausland. Im Februar 2015 waren es sogar mehr als 5 TWh. Seitdem wurden in Europa die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut.
Zudem schrumpfte der konventionelle Kraftwerkspark in Deutschland. Unter anderem gingen Ende 2021 und Mitte April 2023 im Zuge des Atomausstiegs insgesamt sechs Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als acht Gigawatt (GW) vom Netz.
Frankreich vor Dänemark und Norwegen
Bei den größten Lieferländern lag Frankreich diesmal knapp vorn. Der größte Flächenstaat Westeuropas, der vorwiegend auf Kernenergie setzt, verkaufte 0,7 TWh Strom mehr nach Deutschland, als er von dort bezog. Frankreich dürfte entgegengekommen sein, dass der Februar ungewöhnlich milde ausfiel und Strom in der Folge nicht so stark für die heimische Wärmeversorgung nachgefragt wurde.
Knapp dahinter landete Dänemark, das zumeist erneuerbare Energien im heimischen Strommix hat und im vergangenen Jahr mit Abstand Deutschlands größter ausländischer Stromlieferant war. Rang drei belegte Norwegen.
Erneuerbare schlagen Konventionelle
Mehrere Faktoren dürften im Februar Stromimporte nach Deutschland begünstigt haben. Insgesamt ist die Stromnachfrage hierzulande insbesondere konjunkturbedingt weiterhin niedrig. Energy-Charts zeigt eine öffentliche Last von 39,5 TWh. Das ist ein Rückgang von mehr als acht Prozent gegenüber dem Februar-Spitzenwert 2020.
Fallende Stromgroßhandelspreise führen weiter dazu, dass teurere deutsche Kohlekraftwerke zunehmend aus dem Markt gedrückt und unter anderem durch billiger produzierten Strom aus dem Ausland ersetzt werden. Deutsche Stein- und Kohlemeiler liefen im Februar so wenig wie seit dem Corona-Vergleichszeitraum 2020 nicht mehr. Sie produzierten insgesamt rund 9 TWh Strom.
Kernkraftanteil auf Null gesenkt
Solaranergieanlagen wiederum speisten 2 TWh ins öffentliche Netz ein – der zweithöchste Wert nach Februar 2021. Windkraftanlagen steuerten 17 TWh bei – der dritthöchste Wert nach 2020 und 2022.
Keinen Strom produzierten mehr deutsche Kernkraftwerke. Im Februar 2023 hatten sie insgesamt 2 TWh erzeugt, im Februar 2021 sogar noch 5 TWh.
Habeck-Video geht viral
Die Debatte um die Kernenergie war unter der Woche noch einmal aufgeflammt. Leidenschaftlich hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nicht zuletzt am Beispiel Frankreichs erklärt, welche enormen Kosten mit Kernkraftwerken verbunden sind. Das Video ging in den sozialen Medien viral.
Der verstaatlichte französische Energiekonzern EDF, Betreiber der 56 Kernkraftreaktoren, ist hoch verschuldet. Jedoch ist ein Teil der Schulden auch auf Preiseingriffe des Staats zurückzuführen, die vor allem mit der massiven EDF-Vormachtstellung auf dem französischen Stromerzeugungsmarkt zu tun haben.
VKU: Wiedereinstieg in Kernkraft "kein Thema"
In Deutschland sind teilweise auch kommunale Unternehmen an den mittlerweile abgeschalteten Kernkraftwerken beteiligt. Die Stadtwerke München sind beispielsweise Minderheitsanteilseigner am Meiler Isar 2. Die Stadtwerke Bielefeld halten Anteile am Kraftwerk Grohnde. (Die ZfK berichtete.)
Ein kommunaler Wiedereinstieg in die Technologie sei allerdings "kein Thema", sagte Ingbert Liebing vom Stadtwerkeverband VKU jüngst in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Die drei letzten abgeschalteten AKW werden zurückgebaut. Deren Betreiber sagen, sie werden sie auch nicht wieder in Betrieb nehmen können, weil umfangreiche und teure Modernisierungs- und Genehmigungsverfahren notwendig wären. Punkt." (aba)
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