Wasser

„Wasser erhält endlich einen höheren Stellenwert“

Anlässlich der Mitte März geplanten Verabschiedung der Nationalen Wasserstrategie haben wir eine fünfteilige Interview-Serie zu dem Thema durchgeführt. Hier die Antworten von Detlef Schumacher, Geschäftsführer der NEW NiederrheinWasser (Teil 1).
07.03.2023

Detlef Schumacher, Geschäftsführer der NEW NiederrheinWasser.

 

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Pluspunkte der Nationalen Wasserstrategie?
Zunächst freut es mich, dass das Thema Wasser und damit auch Trinkwasser durch die Nationale Wasserstrategie endlich einen deutlich höheren Stellenwert erhält, als es bisher der Fall war, und in den Fokus rückt. Wasser, und damit auch Trinkwasser in sehr guter Qualität, ist ausreichend vorhanden. Wir haben in Deutschland kein Mengenproblem, und Konkurrenznutzungen wurden mehr oder weniger hingenommen. So die allgemeine Meinung.
Die besonders trockenen Jahre 2018 bis 2020 haben uns gezeigt, dass es auch anders aussehen kann. Die Wasserressourcen sind endlich und mit dem Wasserdargebot muss verantwortungsvoll umgegangen werden. Hier setzt die Nationale Wasserstrategie mit den zehn strategischen Themen an, die ein Nebeneinander von Nutzung und Ökologie sieht, Maßnahmen zur erhöhten natürlichen Wasserspeicherung entwickeln lässt sowie Verursacher von Gewässerbelastungen weiter in die Verantwortung ziehen wird. Die Ressource Wasser wird ganzheitlich (Grundwasser, Oberflächenwasser, Meeresgebiete und Trinkwasser) auf nationaler Ebene betrachtet.
Die Nutzung digitaler Möglichkeiten zur Begleitung der Strategie ist hervorzuheben, um Grundlagendaten besser verfügbar zu haben und Maßnahmen besser auf ihre Wirksamkeit bewerten zu können.

Die Betrachtung auf nationaler Ebene ist Fluch und Segen zugleich.

Was sind die größten Kritikpunkte?
Die Kritik bezieht sich weniger auf die Nationale Wasserstrategie als vielmehr auf die derzeit zu langsamen und schwierigen bürokratischen Prozesse. Aus Trinkwasserversorgungssicht dauern Wasserrechts- und Wasserschutzgebietsverfahren viel zu lange und stellen eine Gefährdung dar, wenn es um die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung geht. Die Überwachung durch zuständige Behörden fällt oft unzureichend aus, und der Schutz der Wassereinzugsgebiete für Trinkwasser wird nicht ausreichend berücksichtigt.
Konkurrenznutzungen, ob der Wasservorräte oder der Einzugsgebiete im Allgemeinen, gehen vor. Inanspruchnahme von unversiegelten Flächen ist bei städtebaulichen Planungen noch immer weit verbreitet. Die Nutzung der Geothermie und die Durchteufung von schützenden Tonschichten kann oftmals nicht verhindert werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit durch die Nationale Wasserstrategie die lokale Trinkwasserversorgung nicht geschützt, sondern letztlich verdrängt wird. Die Betrachtung auf nationaler Ebene ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits gibt es über diesen „weiten Blick“ sicher viel Input, andererseits ist jedoch immer die Frage, was für die jeweilige Region funktioniert. Damit einher geht die Sorge, dass die regionalen Besonderheiten nicht beachtet werden und eine Anpassung erfolgt, die vielleicht nicht sinnig ist.
 
Welches Problem sollte als erstes in den Fokus genommen werden?
Ich glaube es ist wichtig, die Bevölkerung auf dem Weg mitzunehmen. Ohne Angst zu schüren. Die Bedeutung des Wassers für unser Klima, als Trinkwasser und als Lebensraum, muss neu erklärt werden. Denn nur wenn möglichst viele Menschen ihren Beitrag leisten, kann die nationale Wasserstrategie ein Erfolg werden. (hp)

Die Fragen stellte Elwine Happ-Frank.

In der Interview-Serie finden Sie außerdem Statements von Helge-Uve Braun, Geschäftsführer Technik bei den Stadtwerken München (Teil 2), Elisabeth Jreisat, Geschäftsführerin von Hessenwasser (Teil 3), Herbert Marquard, Geschäftsführer der Stadtwerke Pforzheim (Teil 4), und Henning R. Deters, Vorstandsvorsitzender, sowie Dirk Waider, Vorstand von Gelsenwasser (Teil 5).

Mehr zur Nationalen Wasserstrategie finden Sie in der ZfK-März-Ausgabe. Zum Abo geht es hier.