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Stromanbieter wechseln: Wie seriös sind Deutschlands Billigmarken?

Check 24 und Verivox sind voll mit Tiefpreisangeboten. Dabei tauchen auch Anbieter auf, die es in der Energiekrise so bunt trieben, dass der Staat einschritt.
14.09.2023

Dutzende Strom- und Gasanbieter werben auf Verivox und Check 24 um Neukunden.

Von Andreas Baumer

Die Strom- und Gaspreise sind im Vergleich zum Vorjahr regelrecht eingebrochen und schon sind Deutschlands gängige Vergleichsportale wieder voll mit Tiefpreisanbietern. Doch wer steckt eigentlich hinter mancher der Marken, die auf Verivox, Check 24 und Co. um Neukunden werben? Und wie verantwortungsvoll sind sie mit Kunden umgegangen, als die Preise in Zeiten der Energiekrise nicht gesunken, sondern gestiegen sind?

Vor allem die Monate nach dem Sommer 2021, als die russischen Kriegsvorbereitungen gegen die Ukraine die Märkte aufzuwühlen begannen, waren ein Stresstest für die Energiebranche. Preiserhöhungen gab es durch die Bank. Manche Versorger haben es aber so bunt getrieben, dass selbst die als zurückhaltend geltende Bundesnetzagentur eingeschritten ist. Ihre Aufgabe ist es zu überwachen, dass Strom- und Gaskunden möglichst zuverlässig und verbraucherfreundlich beliefert werden.

Immergrün: Abschlagserhöhungen untersagt

Da ist die Marke Immergrün, hinter der die Rheinische Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft steckt. Das Unternehmen gehörte im Herbst 2021 zu den ersten Anbietern, die mit Verweis auf stark gestiegene Kosten für fossile Energieträger Preise und Abschläge drastisch anhoben und Kundenverträge kündigten. Daraufhin schaltete sich die Bundesbehörde ein und untersagte der Firma wenige Monate zuvor vorgenommene Abschlagserhöhungen.

Zuvor schon hatten die Portale Verivox und Check 24 Immergrün aus ihren Rankings ausgeschlossen. Bei Verivox wurden bis heute keine Angebote des Unternehmens mehr gelistet. Bei Check 24 ist das anders. Hier taucht Immergrün seit Mai 2022 wieder auf.

Immergrün wieder bei Check 24

Auf ZfK-Nachfrage teilte Check 24 damals mit, dass der Versorger von der Bundesnetzagentur noch immer für den deutschen Markt zugelassen sei. Deshalb stelle das Portal "vor dem Hintergrund der geforderten Markttransparenz" das Unternehmen auch dar.

Check 24 erklärte weiterhin, dass es mit Immergrün eine umfassende, schriftliche Vereinbarung getroffen habe. "Alle bei uns offenen Kundenbeschwerden [wurden und werden] zur Zufriedenheit der Kund*innen geklärt." Gemeint waren etwa die Rücknahme der Preis- oder Abschlagserhöhung sowie ein Schadensersatz bei vorzeitiger Vertragskündigung.

Voxenergie: Anwalt meldet sich

Auch die Anbieter Voxenergie und Primastrom wurden von der Bundesnetzagentur in die Schranken gewiesen. Sie mussten Ende Dezember 2021 vorgenommene Preiserhöhungen gegenüber einigen Haushaltskunden wieder rückgängig machen. Der Grund: Die Firmen hatten die gesetzlich vorgeschriebene Ankündigungsfrist von einem Monat nicht eingehalten. Vielmehr kamen die Preiserhöhungsschreiben in der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester bei den Kunden an. Der neue Preis trat dann bereits Anfang Januar in Kraft.

Noch bevor die Bundesnetzagentur eingeschritten war, hatte die ZfK Voxenergie und Primastrom um eine Stellungnahme gebeten. Es meldete sich ein Anwalt der Hamburger Kanzlei Unverzagt. Er bestätigte, dass Voxenergie und Primastrom ebenso wie diverse andere Versorger Preiserhöhungen vorgenommen hätten – allerdings unter ordnungsgemäßem Hinweis auf das dadurch begründete Sonderkündigungsrecht der Kunden.

Fälle Stromio und Gas.de

Inzwischen listet Verivox wieder Angebote von Voxenergie und Primastrom. Ihr Dachkonzern Prima-Holding ist übrigens mit zwei weiteren Marken auf dem deutschen Energiemarkt unterwegs: Paketsparer und Nowenergy.

Die bundesweit wohl größten Schlagzeilen machten die Anbieter Stromio und Gas.de, als sie im Dezember 2021 schätzungsweise hunderttausende Kunden von einem Tag auf den anderen aus ihren Verträgen warfen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Gas- und Strompreise in damals historische Höhen gerast.

Grünwelt Energie als gemeinsame Marke

Damit begründeten die Unternehmen auch ihr Vorgehen. Die jüngsten Preisexplosionen seien in diesem Ausmaß nicht vorherzusehen gewesen, teilte damals ein Anwalt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mit. "Unsere Mandantin bedauert es ausdrücklich, dass Stromlieferverträge aufgrund der historisch einmaligen Preisexplosionen am Energiemarkt gekündigt werden mussten."

Stromio und Gas.de gehören beide zum Firmenimperium des Ömer Varol und sind unter dem Dach der Universal Utility International organisiert. Beide Unternehmen vertrieben Strom und Gas auch über das Logo Grünwelt Energie.

Grünwelt Wärmestrom bei Check 24

Dieses feierte im Oktober 2022 auf Check 24 ein Comeback und ist seitdem regelmäßig auf den vorderen Plätzen zu finden. Zeitweise wurde es wegen seines Preis-Leistungs-Verhältnisses von der Plattform an prominenter Stelle empfohlen.

Die dahinterstehende Firma nennt sich Grünwelt Wärmestrom. Sie wird laut Impressum nicht von Varol, sondern von Tolga Ardali geführt. Einziger Gesellschafter von Grünwelt Wärmestrom ist jedoch ebenfalls Universal Utility International. Und deren Geschäftsführer ist Varol. Eine Rückkehr von Gas.de in den Kundenvertrieb hat die Bundesnetzagentur übrigens im Juli verboten.

Oberlandesgericht gegen Extraenergie

Ende Juli 2022 wurden erste Meldungen publik, dass der Anbieter Extraenergie trotz gültiger Preisgarantien seine Preise teils deutlich erhöht. Das Unternehmen, das vom israelischen Geschäftsmann Mordechay Maurice Ben-Moshe geführt wird, begründete sein Vorgehen mit „unvorhersehbare[n], schwerwiegende[n] Situationen“ wie dem derzeitigen Krieg in der Ukraine und anhaltenden staatlichen Eingriffen in den deutschen Energiemarkt.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte ein gutes halbes Jahr später, dass dem Anbieter ein Recht zur einseitigen Preiserhöhung nicht zugestanden habe. Inzwischen ist Extraenergie wieder auf Verivox präsent und mischt wieder ganz vorne mit.

Verivox behält sich Anbieter-Ausschluss vor

Die ZfK fragte bei Verivox nach, wann die Plattform Strom- und Gasanbieter aus ihren Listen nimmt. Ein Unternehmenssprecher antwortete, dass Verivox "grundsätzlich neutral" sei. "Es ist unser Ziel, den gesamten Markt so umfassend wie möglich abzubilden." Voraussetzung für eine Aufnahme sei in jedem Fall, dass der Anbieter auch bei der Bundesnetzagentur als Versorger gelistet sei.

Das Unternehmen behalte sich zudem vor, einzelne Anbieter aus seinem Vergleich zu entfernen, sollten wiederholte und massive Beschwerden eingehen. Das sei bei Versorgern, die derzeit bei Verivox gelistet seien, aktuell nicht der Fall.

Grünwelt Energie: Viereinhalb von fünf Sternen

Check 24 verwies auf ZfK-Nachfrage darauf, dass negative Kundenerfahrungen sofort in den Kundenbewertungen ersichtlich seien. Stand Mitte September wurde Extraenergie mit zwei von fünf Sternen bewertet. Bei Immergrün waren es vier und bei Grünwelt Energie viereinhalb Sterne.

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